Der noch immer gültige Molotow-Ribbentrop-Pakt

Bessarabien und die Bukowina - warum kümmert sich Österreich nicht um diesen Winkel?

Der Autor ist Direktor der Wiener Staatsoper.

Am 23. August 1939 hat das damals noch durch einen Freundschaftspakt mit Stalins Sowjetunion verbundene Hitler-Deutschland ausgemacht, das zum Rumänischen Königreich zugehörige Bessarabien, die Nord-Bukowina und das Hertza-Gebiet der Sowjetunion zu überlassen und auf ein entsprechendes sowjetisches Ultimatum an Rumänien keinesfalls zugunsten Rumänien Stellung zu beziehen oder zu intervenieren. Mussolini hielt sich aus Verbundenheit mit dem Deutschen Reich heraus, und so wurde durch ein 48-Stunden-Ultimatum im Jahre 1940 aus diesen Gebieten Sowjet-Rußland.

Nach dem mit dem Deutschen Reich gemeinsam gegen die Sowjetunion geführten "Heiligen Krieg zum Wiedererlangen des Heimatlandes" wurden kurzfristig Czernowitz-Cernauti, Chisinau-Kischinew und die anderen rumänischen Gebiete schnell wiedergewonnen und nach Stalingrad durch die Rückeroberung der Roten Armee wieder verloren.

Da Rumänien entgegen seinem eigenen Wunsch und durch die Machtlosigkeit des Diktators Antonescu gegenüber Hitler bis Stalingrad mit der deutschen Armee weiter kämpfen mußte und im Zuge dieser Kämpfe an die 300.000 Menschenleben verlor, wurden nach Kriegsende diese Gebiete mit Billigung Roosevelts beziehungsweise Trumans und Churchills sozusagen endgültig der Sowjetunion zugesprochen.

Das KP-Terrorregime des 1947 durch Vertreibung von König Michael I. zur Rumänischen Volksrepublik deklarierten Landes konnte und wollte schon gar keine Ansprüche an den "großen Bruder" stellen.

Der 1916-17 Rußland zur Aufbewahrung aus Angst vor der preußischen und österreichisch-ungarischen Armee übergebene Staatsschatz, bestehend aus sehr großen Goldreserven, Gemälden, kostbaren Teppichen und vielem mehr blieb auch bis heute in den Safes des Kreml verborgen, was glatter Raub ist.

Nach dem Verfall der Sowjetunion wurde 1990 aus diesen Gebieten und Teilen der vormaligen Ukraine ein eigener Staat, der sich "Moldawische Republik" nennt. Derzeit von einer rein kommunistischen Regierung regiert, ist es das ärmste Land der ganzen Region geworden und trotz einer 82prozentigen rumänisch sprechenden Bevölkerung wurde obligatorisch die russische Sprache in Schulen und als Amtssprache eingeführt.

Massendemos sind die Folge. Der rumänische Staat traut sich nicht, offiziell Stellung zu beziehen, um ja nicht die Verhandlungen mit der EU für eine möglichst baldige Aufnahme zu stören (konfliktfreie Beziehungen mit allen Nachbarländern). Folglich bringen zwar die Zeitungen ständig Berichte über die sehr gespannte Lage in der moldawischen Republik, doch ein politisches Thema ist die Lage im ehemaligen Transnistrien weder für die EU noch die UNO und für die OSZE-Konferenzen auch nur marginal. Unsere Außenministerin Ferrero-Waldner war zwar in der Ukraine, wo die Wirtschaftslage und die demokratischen Verhältnisse zwar auch sehr schlecht stehen, und nahm dankenswerterweise auch Stellung zur Situation dort, aber nach Kischinev oder Czernowitz verirrt sich ja kein westlicher Politiker. Und mit Putins Rußland riskiert schon gar niemand etwas wegen einer vergessenen und dahindarbenden Gegend wie jene Bessarabiens oder der Bukowina.

Die Frage in einem freien Land wie Österreich, dessen Teile diese Gebiete einst waren, stellt sich trotzdem: Ist historisches Unrecht nur dann ein Thema, wenn es solche Fragen und Wirkungen hat wie im ehemaligen Jugoslawien? Und muß man warten, bis es soweit kommt?

Die Meinung eines Gastautors muß sich nicht mit jener der "Presse" decken.

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