Kommt nun die ÖIAG – neu und fett? Bitte verschont uns!

Bei der ÖIAG-Reform wird sich Veränderungswille der Regierung zeigen.

Bevor es beim momentanen innenpolitischen Dauerhit Steuerreform zum Urknall kommt, darf schon einmal bei der ebenfalls angekündigten ÖIAG-Reform der tatsächliche Veränderungswille der Regierung getestet werden. Mit der „Restlverwertungsagentur“ ÖIAG ist es ja ein bisserl so wie mit dem schon ewig diskutierten Bundesrat. Keiner braucht sie, aber niemand räumt sie weg. Selbst die sonst oft so forschen „Reformer“ von der Industrie stehen hier auf der Bremse. Wurde ihnen doch durch eine Schnapsidee aus der schwarz-blauen Ära eine ganz unerwartete Futterkrippe eingerichtet.

Durch eine absurde, sogenannte Entpolitisierung wurde der ÖIAG-Aufsichtsrat und damit die ÖIAG insgesamt einer Industriellen-Clique übertragen – mit dem neofeudalen „Recht“, sich fürderhin „aus sich selbst zu erneuern“. So eine Art demokratisch unlegitimiertes, postdemokratisches Inzuchtgebot.

Erstaunlicherweise haben weder Alfred Gusenbauer noch Werner Faymann mit diesem Schwachsinn aufgeräumt. Es blieb einer der wenigen sozialdemokratischen Lichtgestalten, Brigitte Ederer, vorbehalten, dieser Tage festzustellen, dass es so etwas wie politische Verantwortung gibt und daher dieser Unfug beendet werden müsse.

Drei „Reform“-Möglichkeiten

Erfreulicherweise hat auch der neue ÖVP-Stern Reinhold Mitterlehner unmissverständlich signalisiert, dass unter seiner Regentschaft derlei Blödheiten abgestellt werden. So weit, so gut. Aber was kommt jetzt? Eigentlich gibt es drei „Reform“-Möglichkeiten:
•Die klassisch österreichische: Alles bleibt, wie es ist, nur der Aufsichtsrat wird künftig wieder von jenen besetzt, die dafür die Verantwortung tragen: also von der Regierung. Das wäre ausnahmsweise nicht die schlechteste Lösung.
•Die ganz unösterreichische: Die ÖIAG wird einfach aufgelöst. Die Beteiligungen an der OMV, Post und Telekom wandern in die zuständigen Ministerien. Es wäre für uns Steuerzahler die wohl beste Lösung. Sie wäre auch kaum als altherkömmliche Repolitisierung diffamierbar.
•Die österreichisch übliche Form von Reform: Wie meinte schon Karl Kraus? „In Österreich geschieht Innovation immer durch Addition.“

Unfassbar krause Vorschläge

Da wären wir dann bei der nächsten Schnapsidee: Eine künstlich aufgeblasene ÖIAG, in die alles Mögliche, insbesondere auch die Asfinag und ÖBB hineingepackt werden. Gerade diese beiden Unternehmen sind ja Paradebeispiele, dass sich Staatsbetriebe durchaus vorbildlich verwalten und führen lassen, wenn nur die richtigen Leute am Werk sind. Vor allem die ÖBB haben zuletzt unter der Führung von Christian Kern bewiesen, dass sich selbst schwerste Tanker in die richtige Richtung manövrieren lassen – mit dem richtigen Kapitän.

Da kann man nur sagen: Bitte, bitte keine neue Superbürokratie mit dann tatsächlich neuen Polithofschranzen in einer ÖIAG – neu und fett. Denn dann blühte wohl wieder der Uralt-Superproporz mit Legionen von Politversorgungsposten auf. Zuletzt wurden gar unfassbar krause Ideen geboren, die weit über die skurrile Absicht der Eingliederung von ÖBB und Asfinag hinausgehen, etwa das Management von „Kulturbetrieben à la Burgtheater“ in der ÖIAG anzusiedeln. Ja, richtig, der Faschingsbeginn war ja schon.

Mitterlehner und Hans-Jörg Schelling mögen uns vor einer neuerlichen Schnapsidee bewahren! An diesem Reformwerk werden wir also erkennen können, ob es dieser Regierung gelingen kann, höchst notwendige Strukturreformen tatsächlich auch umzusetzen.

Dr. Gerhard Hirschmann (geboren 1951) war 1993 bis 2003 Mitglied der steirischen Landesregierung in verschiedenen Ressorts.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2014)

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