Sie kommen, um zu bleiben

Welche Maßnahmen Österreich und die EU ergreifen müssten, um den Flüchtlingsstrom auf ein zumutbares Maß zu drosseln.

Wer zuletzt Aussagen der Regierungsspitze zum Thema Flüchtlingswelle verfolgte, bekam den Eindruck, es gehe um den nächsten Tag, die nächste Woche. Es fehlten aber klare Worte, wie man mit dem Problem in einem Monat, in einem halben Jahr umgehen will.

Aber nicht nur die zeitliche Dimension wird ausgeblendet. Auch die räumliche! Es geht ja nicht um überschaubare Flüchtlingsströme aus Nachbarländern, sondern um Menschen aus bevölkerungsreichen Ländern in Asien und Afrika: von Bangladesch bis Ägypten, von Afghanistan bis Syrien. In all diesen Ländern gibt es Gründe für die Flucht – sei es aus wirtschaftlicher Not oder politischer Verfolgung.

Die Bundesregierung vermittelt den Eindruck, dass für all diese Fluchtwilligen die Tür zum Asylantrag-Stellen offenbleibt. Diese Haltung ist realitätsfern. Sie gefährdet das Zusammenleben und den sozialen Frieden in Österreich. Wohin wird diese Politik führen?

Deutschland kann und wird nicht Monat für Monat 160.000 Flüchtlinge aufnehmen können. Österreichs Regierung aber will den Zustrom von tausenden Menschen täglich in unser Land nicht wirksam behindern. Sie werden also kommen und hier bleiben. Ein menschliches Drama für die Betroffenen und Chaos für Teile der heimischen Bevölkerung drohen.

Obergrenzen für den Zustrom

Die Dinge müssen beim Namen genannt werden: Es gibt eine Obergrenze für den Zustrom von Flüchtlingen, die eine Gesellschaft aufnehmen und integrieren kann. Sie ist mit einer Zuwanderung von einem Prozent der Bevölkerung im Jahr schon überschritten. Daher soll die Republik mit Unterstützung aus Brüssel sofort noch viel mehr als bisher tun, um in den nahenden Wintermonaten den Zustrom von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten zu drosseln.

Dazu sind bereits einige wichtige Schritte gesetzt worden. Doch diese allein sind zu wenig. Österreich sollte international erklären, dass es in den Wintermonaten keine nennenswerte Zahl neuer Flüchtlinge mehr aufnehmen kann und dass es seine Grenzen schließen wird, sobald Deutschland die Übernahme von Flüchtlingen deutlich reduziert. Um das durchzusetzen, soll in Absprache mit Nachbarländern die Errichtung von Grenzschutzmaßnahmen zur Verhinderung illegaler Einwanderung vorbereitet werden.

Gleichzeitig muss Brüssel Maßnahmen zur wirksamen Sicherung der Außengrenze ergreifen. Geschieht dies nicht und versäumt die EU die Chance, durch einen gemeinsamen Außenschutz den Sinn der Union zu demonstrieren, muss Österreich seine Grenzen selbst schützen und nur jene Zahl von Asylanträgen gewähren, die im österreichischen Konsens fixiert wird.

Es darf nicht dazu kommen, dass Brüssel im Außenschutz versagt, Österreich sich auf Brüssel hinausredet und am Ende das Konzept des Rechtsstaats, der den Bürgern Schutz bietet und seine Grenzen sichert, fallen gelassen wird.

Gleichzeitig sollte Österreich seine Mittel für die Entwicklungshilfe und zur Unterstützung von Flüchtlingslagern in den Krisengebieten um ein Vielfaches aufstocken, um so die Lebensbedingungen der Menschen dort, wo sie leben, zu verbessern und den Zuzug nach Europa auf ein zumutbares Maß zu begrenzen.

Dr. Heinz Kopetz (* 1941) ist seit 2012 Vorsitzender des Weltbiomasseverbands mit Sitz in Stockholm.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2015)

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