Leihmütter als Maschinen

Beim boomenden Geschäftszweig Leihmutterschaft herrscht die kalte Logik des Warenhandels. Feministinnen protestieren.

Leihmutterschaft ist in Österreich verboten. Dennoch nehmen auch österreichische Paare diese „Dienstleistung“ in Anspruch, denn die „Rent-a-Womb“-Industrie hat sich in kürzester Zeit zu einem globalen Wirtschaftszweig entwickelt.

In Indien etwa wird Leihmutterschaft als profitabler Industriezweig ins BIP miteinberechnet: Hier werden jährlich 25.000 Babys von Leihmüttern geboren, es gibt mehr als 3000 indische Fertilitätskliniken. Laut Indischer Industriellenvereinigung beträgt ihr Jahresumsatz 2,3 Milliarden Dollar.

In Europa entwickelt sich gerade Griechenland zum neuen Dorado der Leihmutterschaft. An einer weltweiten Legalisierung wird gearbeitet: Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht bereitet ein entsprechendes Papier vor, der Europarat detto. Federführend ist dort die Abgeordnete und Reproduktionsmedizinerin Petra de Sutter, die selbst Leihmutterschaften vermittelt.

Einige Feministinnen sind nun hellwach geworden. Frauen seien keine Gebärmaschinen, Kinder keine Handelsware, so ihre Botschaft. Die Plattform Stop Surrogacy Now fordert ein internationales Verbot der Leihmutterschaft. Weder der Körper der Frau, noch die Geburt eines Kindes könnten in Form von Produktion und Warenaustausch gehandelt werden, ohne dass dabei die Rechte des Einzelnen grob verletzt würden, argumentiert der von französischen Feministinnen gegründete Verein Collectif pour le Respect de la Personne (CoRP). Heute, Dienstag, findet dazu ein internationales Expertenhearing in der Nationalversammlung in Paris statt.

Lebende Brutkästen

Aber stehen nicht altruistische Gründe im Vordergrund? Ist es nicht schön, wenn eine Frau zwei Männern oder einem Hetero-Paar zu ihrem Wunschkind verhilft? Über die Schattenseite wird ungern gesprochen. Aus Indien sind mehrere Todesfälle von Frauen nach Leihmutterschaft bekannt. Im Herbst 2015 starb in den USA eine 34-jährige Leihmutter bei der Geburt von Zwillingen. Auch die Babys starben. Die Frau war bereits zum vierten Mal Leihmutter gewesen, diesmal im Auftrag eines spanischen Paares.

Wer von Freiwilligkeit und Altruismus der Leihmütter spricht, übersieht die Tragik jener, die sich als Fortpflanzungsarbeiterinnen anbieten. Frauen stellen sich häufig aus finanzieller Not als lebende Brutkästen zur Verfügung. Geld spielt immer eine Rolle, selbst dort, wo Leihmutterschaft kommerziell verboten ist.

Niemand fragt, wie dieses Leben für Kinder lebbar sein soll. Gene sind nicht alles, das stimmt. Aber Gene sind auch nicht einfach nichts. Unsere Genese, unsere leibliche Herkunft zu kennen, ist Teil der Identitätsfindung und als Recht auch in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben. Stattdessen werden Kinder im familiären Niemandsland geboren.

Leihmütter sollen wie Maschinen funktionieren, sie haben kein Recht darauf, Gefühle zu entwickeln. Hier herrscht die kalte Logik des Warenhandels. Menschenhandel mit Kindern, die gegen Bezahlung an Bestell-Eltern abgegeben werden, erinnern an Zustände der Sklaverei wie vor 200 Jahren.

Es gibt eben keine ethisch vertretbare Leihmutterschaft. Es ist Zeit aufzuwachen.

Mag. Susanne Kummer ist Ethikerin
und leitet das Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik in Wien.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2016)

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