Diese FPÖ ist eine andere

Die heutige Freiheitliche Partei agiert härter, aggressiver und selbstherrlicher als noch zu Jörg Haiders Zeiten.

Als am 4. Februar2000 die ÖVP/FPÖ-Regierung angelobt wurde, brach ein politischer Sturm über das gerade einmal fünf Jahre alte EU-Mitglied herein. Der damalige EU-Ratspräsident, Antonio Guterres (jetzt UNO-Generalsekretär), hatte ein „Sanktionenregime“ verhängt. Die Beziehungen von 14 EU-Staaten zu Österreich wurden eingefroren. Was war geschehen?

Zum Jahreswechsel 1999/2000 wurde eine Regierung gebildet, die der Mehrheit des Wählerwillens entsprach – und diese war Mitte-rechts. Jörg Haider, der zusammen mit Wolfgang Schüssel den Baumeister dieser Koalition gespielt hat, gilt bis heute als Gottseibeiuns nicht nur linker Kreise.

Vergessen war, dass schon vor Haider die FPÖ wiederholt Mehrheitsbeschaffer war. Allerdings für die SPÖ. Erinnert sei an die Unterstützung des Kreisky'schen Minderheitskabinetts durch FPÖ-Obmann Friedrich Peter oder die Koalitionsregierung Sinowatz/Steger.

Was war plötzlich so anders, dass man glaubte, eine politische Quarantäne über Österreich verhängen zu müssen? Haider erwies sich als erfolgreicher als seine Vorgänger. Er hatte zunächst unzufriedene, enttäuschte ÖVP-Wähler für sich gewinnen können und war nun drauf und dran, der SPÖ die Hegemonie über die Arbeiterschaft abzujagen. Krebste die FPÖ früher bei fünf Prozent herum, hatte sie nun plötzlich 27 Prozent erhalten.

Haider kannte seine Grenzen

Das politische Establishment wäre damals gut beraten gewesen, Andreas Khols Attest, wonach sich die FPÖ innerhalb des „Verfassungsbogens“ bewege, zu studieren. Dann wäre man nicht auf die Idee der Ausgrenzung gekommen, nur um einen demokratischen Machtwechsel zu verhindern und damit jene vor den Kopf zu stoßen, die Veränderung wollten. Dass Haider und seine Gefolgsleute die Realität des Regierens einholen sollte, ist eine eigene Geschichte.

An dieser Stelle allerdings gilt es innezuhalten. Die FPÖ von damals war nämlich eine andere. In der Sprache und im Auftreten. Keine Frage, auch Haider war sprunghaft in seinen Ansagen, pflegte den Populismus, spielte den verbalen Rattenfänger. Aber er kannte auch die Grenzen. Das bewies er damit, dass er sich zurücknahm, als es um Regierungsämter ging. Er wusste, dass er den Bogen nicht überspannen durfte. Nicht zuletzt unterschrieb er ein Regierungsprogramm, das das brachte, was man sich heute sehnlichst wünschen würde: nämlich echte Reformen.

Die FPÖ von heute ist eine andere. Sie ist in der Sprache härter, aggressiver, selbstherrlicher geworden. Sie reitet nicht nur Extratouren, sondern sie versucht auch, eine eigene Realität zu schaffen, und zeigt sich damit gleichzeitig unsolidarischer. Man redet nicht nur dem Volk nach dem Mund, man verschärft auch noch die Tonart.

Reimen deftiger Sprüche, das Schüren von Vorurteilen und Ängsten, das Schließen von Bündnissen mit Außenseitern mag in Bierzelten Applaus finden, bringt aber die Gesellschaft bei der Suche nach tragfähigen Lösungen und dem größten gemeinsamen Nenner keinen Schritt weiter. Vor allem steht sich die FPÖ damit selbst im Weg, wenn sie wirklich den Anschluss an die Mitte finden will.

Mag. Herbert Vytiska (*1944) war 15 Jahre lang Sprecher des früheren ÖVP-Chefs Alois Mock. Heute ist er Politikberater in Wien.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2017)

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