Sportförderung: Eine Reform wie ein Salto rückwärts im Sitzen

Minister Doskozil will die Bundessportförderung neu organisieren.

Minister Hans Peter Doskozil hatte eine schwache halbe Stunde lang seine Pläne skizziert, wie der lahmende Spitzensport Österreichs wieder flottzumachen sei. 120 Millionen Euro Bundessportförderung widmet der Steuerzahler jährlich Profis wie Marcel Hirscher und namenlosen Amateuren, Sporteinrichtungen und Trainern.

Das Doskozil unterstellte Bundesheer solle künftig nicht knapp 200, sondern 300 Athleten einstellen und zum Üben und Wettkämpfen freistellen. Und eine „Bundes Sport GmbH“ wolle er einrichten, um die vielen Kanäle der Sportsubvention zusammenzuführen.

Der Sport ist in Österreich laut Verfassung autonom, darf also nicht vom Staat verwaltet werden, sondern muss sich selbst organisieren. Die Bundes-Sportorganisation (BSO) lehnte in ihrer 26-seitigen Stellungnahme Doskozils „Bundes Sport GmbH“ glatt ab. „Staatssport“ sei das, sagen die in der BSO vertretenen Verbände.

Der Panathlon Club Österreich, eine altehrwürdige Diskussionsrunde von Funktionären, Trainern und Experten, hatte ins Allianz-Stadion der Rapid gerufen. Der Minister warb für seine Reformideen und Hans Holdhaus, Chef des vom Bund finanzierten Instituts für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung, wurde für seine Verdienste geehrt.

Zu wenige Olympia-Medaillen

Nach der Rede des Ministers stand ein in Ehren ergrauter Sportfunktionär auf. „Wir befinden uns seit 20 Jahren in einer Abwärtsbewegung“, sagte er. „Wissen Sie, Herr Minister, woran es krankt, bevor Sie eine neue Struktur bauen?“ Warum fragt ein Funktionär des autonomen Sports den Politiker um Rat? Eine Analyse von Stärken und Schwächen, Zielen, Chancen und Gefahren, wie sie heute jede Firma vor einer Umstrukturierung macht, hatte Doskozil unterlassen.

Er meint, dass „die Probleme ohnehin klar sind“, und er wolle „lange Diskussionen“ vermeiden. Klar ist, dass Österreichs Teams zu wenige Olympia-Medaillen gewinnen. Nur der ÖSV ist Weltmarktführer. Aber er agiert in einer winzigen Nische und setzt doppelt so viel Geld ein wie der zweitreichste Konkurrent, die Schweiz.

Öffentlichkeit stört nur

Die BSO mit ihrem neuen Präsidenten Rudolf Hundstorfer, in Parteidisziplin dem Sportminister verbunden, will die Sache, wie es Tradition ist, hinter verschlossenen Türen abhandeln. Im Sportsystem Österreichs ist Öffentlichkeit ein störendes Element, wenn es um Geld, Funktionen und Macht geht. Das macht es Machern wie Doskozil leicht, das Gesetz des Handelns zu bestimmen.

Das macht es zudem machtbewussten Funktionären wie dem ÖOC-Präsidenten Karl Stoss und dem ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel leicht, die Hoheit über die Spitzensportförderung zu reklamieren. Doskozil scheint auf die Herren zu hören, obwohl das ÖOC das Sonderförderprojekt Rio 2016 (Fördervolumen: 20 Millionen Euro) gemeinsam mit Koordinator Peter Schröcksnadel (ÖSV-Präsident) in den Sand setzte. Ergebnis: eine Bronzemedaille! Das Erfolgsprojekt wird bis zu den Spielen in Tokio 2020 fortgesetzt.

Man soll sich durch die gut gemeinte Initiative Doskozils nicht täuschen lassen. Der Sport wird weiterwursteln wie gehabt. Dieselben Funktionäre, die ihre Unfähigkeit bewiesen haben, werden in neuer Zusammensetzung in neu benannten Gremien hinter Polstertüren die alten Lieder singen. Und wenn sie nicht mehr weiter wissen, können sie im Panathlon-Klub, der Versammlung der Systemstützen, fragen: „Herr Minister, können Sie uns bitte sagen, was wir die ganze Zeit falsch machen?“

Mag. Johann Skocek (* 1953) ist Journalist und Buchautor. Er hat sich auf die Hintergrundberichterstattung im Dreieck Sport, Wirtschaft und Politik spezialisiert.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2017)

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