Eizellspende: Keine Pauschalverbote!

Bioethische Fragestellungen haben sehr oft auch mit dem weiblichen Körper zu tun. Das betrifft vor allem Themen, die sich mit dem Beginn des Lebens, mit Schwangerschaft und assistierter Reproduktion befassen.

Ein solches Thema ist die Eizellspende: Für die Kritiker, die jede Form einer künstlichen Befruchtung ablehnen, bedeutet sie Bedrohung der Integrität der Ehe sowie Gefährdung des Kindeswohles und Verletzung der Würde. Für ihre Befürworter bedeutet sie jedoch unter anderem das Recht der Frauen auf Ausübung ihrer Autonomie.

Gerade das Prinzip der Autonomie muss innerhalb der Reproduktionsmedizin diskutiert werden. Einerseits muss verhindert werden, dass die Reproduktionsmedizin als Instrument der Kontrolle über den weiblichen Körper angesehen wird, andererseits ist „reproduktive“ Selbstbestimmung zuzulassen. Es gilt, wie so oft, den richtigen Weg einer Abwägung zwischen widerstreitenden Rechten und Bedürfnissen zu finden. Es ist sehr leicht für Gegner, das Keulenargument des Dammbruchs, des „slippery slope“, ins Treffen zu führen und zu behaupten, dass negative Folgen auch bei einer an strenge Voraussetzungen gebundenen Erlaubnis der Eizellspende nicht zu vermeiden sind. Doch warum wird immer bei Fragestellungen, die moralisch beurteilt werden, das Institut des Rechts für so unzuverlässig erachtet?

Unerfüllter Kinderwunsch

Diese Unzuverlässigkeit wird in anderen Bereichen nicht ins Treffen geführt, sondern führt – ganz im Gegenteil – zum Ruf nach Ordnung durch Gesetzgebung. Es steht doch in unserer Macht, durch Verbote und strenge Regeln Verhalten in die richtige Richtung zu lenken! Bedenken gegen eine undiskriminierte Zulassung der Eizellspende sind durchaus berechtigt – handelt es sich doch, im Gegensatz zur Samenspende – um ein invasives Verfahren, das belastend ist und Komplikationen mit sich bringen kann. Pauschalverbote sind jedoch nie angebracht, vielmehr sollte wohlüberlegt eine ethisch akzeptable Lösung des unerfüllten Kinderwunsches verzweifelter Paare gefunden werden, ihr Recht auf eine Familie berücksichtigt, eine Maßnahme gegen das Leid aus ungewollter Kinderlosigkeit getroffen werden.

Ist das Verbot der Eizellspende tatsächlich durch die vorgebrachten Argumente begründbar? Sollten wir nicht als Gesellschaft einen offenen Diskurs über solche Fragen möglichst breit und ohne Polemik sowie unter Einbeziehung von Fachleuten und vor allem von Betroffenen führen? Haben wir nicht die Pflicht, den Schwarzmarkt und den Fortpflanzungstourismus klar zu hinterfragen? Auch von Österreich aus reisen unzählige Paare – oft nur wenige Kilometer weit – ins Ausland, um ihren Kinderwunsch dort, wo es rechtlich möglich ist, zu erfüllen. Schafft das nicht wieder Ungleichheiten, die jene, die es sich leisten können, bevorzugen, und auch in Bezug auf die ausländischen – womöglich unterprivilegierten – Frauen, von denen die Eizellen stammen?

Mobilisierung von Ängsten

Wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Das altgewohnte Familienideal kann für Einzelne von uns noch stimmen, die Welt hat sich jedoch in den letzten 40 Jahren grundlegend verändert. Auch die Rolle der Frau war und ist Veränderungen in unserer Gesellschaft unterworfen. Es gilt, diese Änderungen zur Kenntnis zu nehmen und sich als Gesellschaft den globalen Herausforderungen offen zu stellen. Dies bedeutet weder, alles zuzulassen, noch, alles kategorisch zu verdammen, und es bedeutet auch, nicht gleich mit der Mobilisierung von Ängsten zu kontern.

Außerdem ist die Eizellspende ja nicht isoliert zu betrachten: Sie kann, wie die künstliche Befruchtung selbst, nur Ultima Ratio in der Reproduktionsmedizin bleiben und nur dort, wo auf natürlichem Weg keine Schwangerschaft erreicht wird, eingesetzt werden, wobei wesentliche Fragen vorab zu diskutieren sind: Woher kommen die Eizellen, und wer soll sie erhalten?

Lifestyle-Indikationen ablehnen

Das Prinzip des Verbotes der Kommerzialisierung des menschlichen Körpers ist zu beachten, und die Einbindung der Eizellspende in das öffentliche Gesundheitswesen und ihre Finanzierung sind zu diskutieren. Die wirtschaftliche Lage und eine mangelhafte Aufklärung über die Risken dürfen keine Frau veranlassen, ihre Gesundheit zu gefährden.

Die Erfüllung des Kinderwunsches in medizinisch klar indizierten Fällen ist durch die Eizellspende real gegeben und praktisch durchführbar. Lifestyle-Indikationen sind strikt abzulehnen – es liegt in der Hand der Gesellschaft sich kritisch, aber nicht polemisch und von Partikularinteressen determiniert mit der Fortpflanzungsmedizin auseinanderzusetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2010)

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