Wenn einer eine Reise tut . . .

Replik auf die Beiträge „Nimm doch den Besen!“ von W. Greber und „Der rot-weiß-rote Schmissbruder in Indien“ von Josef Winkler.

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen, heißt es. Wenn ich eine Reise tue, erzählen mit Vorliebe andere – auch in der „Presse“. Wolfgang Greber hat etwas gelesen, Josef Winkler hat etwas gehört. Damit ist den Grundvoraussetzungen der Recherche genüge getan, und die Kommentatoren sehen sich in der Lage, auf mich einzuschlagen mit dem Besen, den ich angeblich den Indern in die Hand drücken wollte, damit sie ihr Land einmal zusammenkehren.

Bevor sich die halbe Redaktion an mir abarbeitet, möchte ich die Gelegenheit nützen, einige Aspekte der Indien-Reise, die nicht meine war, sondern die einer parlamentarischen Delegation unter Leitung der Nationalratspräsidentin, ins richtige Licht zu rücken.

Anlass für die Aufregung ist der Umstand, dass in Neu-Delhi viel Schmutz herumliegt. Das ist nicht bloß mir aufgefallen, sondern allen Reiseteilnehmern, und war daher Gegenstand einer abendlichen privaten Unterhaltung. Was einen der beteiligten Journalisten dazu veranlasst hat, die Essenz dieses Gespräches ausschließlich mir zuzuschreiben und so darzustellen, als wäre das die größte Erkenntnis dieser Reise gewesen, bleibt sein Geheimnis. Wir Politiker haben aus Indien jedenfalls weit mehr mitgenommen an – überwiegend positiven – Erfahrungen und auch an Möglichkeiten für eine gute Zusammenarbeit der beiden Länder.

Aus dem Reich der Fantasie

Völlig dem Reich der Fantasie entspringt der Vorhalt, ich sei zu einem wichtigen Termin zu spät gekommen. Das wäre schon technisch nicht möglich gewesen, denn wir waren stets im Konvoi unterwegs. Dennoch erfahre ich nun, dass „die Parlamentspräsidentin der größten Demokratie der Welt, Pratibha Devisingh Patil“ gar vier Stunden auf mich gewartet habe. Die Dame ist, soviel Nachhilfe für den Indien-Kenner sei gestattet, Staatspräsidentin.

Die Parlamentspräsidentin heißt Meira Kumar und wurde von uns ebenfalls besucht. Bei beiden Terminen war ich pünktlich.

Auch die Befürchtung, ich wolle noch einmal auf Parlamentskosten nach Indien reisen, darf ich entkräften. Ich möchte tatsächlich dabei sein, wenn die ersten österreichischen Satelliten in Indien ins All geschossen werden – aber sicher nicht auf Staatskosten. Der regionale Parlamentspräsident in Hyderabad hat mich herzlich eingeladen. So schlimm kann mein Benehmen also nicht gewesen sein.

Diese Richtigstellungen sind mir nicht deshalb wichtig, weil ich die Kritik nicht aushalten würde. Auch unwahre Behauptungen musste ich in meiner Zeit als Dritter Nationalratspräsident schon wesentlich mehr über mich ergehen lassen, als dass mich diese Indien-Sticheleien jetzt zum von manchen herbeigesehnten Rücktritt bewegen würden.

Es geht mir darum, dass mit dieser seichten Art des Journalismus der Auftritt der gesamten Delegation schlechtgemacht wird. Präsidentin Prammer hat eine hervorragende Reise organisiert. Wir haben wichtige Kontakte geknüpft, viele Chancen für heimische Betriebe identifiziert. Denn das Müllproblem, das Neu-Delhi im Gegensatz zu anderen indischen Großstädten hat, ließe sich mit österreichischem Know-how auf dem Gebiet der Müllentsorgung sicher besser lösen als mit einem Besen in der Hand der Bevölkerung.

Martin Graf (FPÖ) ist Dritter Präsident des Nationalrats.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.