Risiko Eizellspende: Umsicht statt Eile ist gefragt

Mit der Eizellspende werden oft große Hoffnungen verbunden. Der Blick auf die Spenderin und das Kind fehlt dabei meistens.

Es ist ein folgenschwerer Irrtum, zu glauben, der Kinderwunsch sei beliebig lange erfüllbar – mit einer Eizellspende. Mehrere wissenschaftliche Studien belegen: Jenseits des fruchtbaren Alters der Frau kommt es trotz Eizellspende nur in wenigen Fällen überhaupt zu einer Schwangerschaft. Diese ist dann erwiesenermaßen für die Mutter und das Kind gesundheitlich hoch problematisch.

Faire Information

Auch unabhängig vom Alter hat die Empfängerin einer gespendeten Eizelle gegenüber einer Frau, die auf herkömmliche Weise schwanger wird, ein 6,5-mal so hohes Risiko für gefährliche Erkrankungen. Dazu zählen schwangerschaftsinduzierter Bluthochdruck und Präeklampsie.

Hier braucht es faire Informationen, damit junge Frauen nicht meinen, mithilfe einer Eizellspende könnten sie ohne Weiteres auch mit 45 und 50 noch ein Kind bekommen. Stattdessen sind gute Rahmenbedingungen gefragt, damit Mütter und Väter Ausbildung, Beruf und Karriere mit Kindern vereinbaren können.

Eine Frage bei der Eizellspende ist, ob sich dabei die Ausbeutung von Frauen verhindern lässt. Internationale Erfahrungen zeigen: Das gelingt nur ungenügend.

Vermarktung des Körpers

In Großbritannien zum Beispiel wurde die Eizellspende detailliert geregelt. Die anonyme Spende ist verboten. Der Effekt: Es gibt zu wenige Eizellspenderinnen.

Britische Frauen reisen daher nach Spanien. In Spanien dürfen Frauen anonym spenden. Aber: Spanische Spenderinnen passen vom Aussehen her mitunter nicht zu britischen Frauen. Also werben spanische Kliniken massiv in Osteuropa für die Eizellspende, wo immer wieder Frauen aus finanzieller Not dazu bereit sind, ihren Körper zu vermarkten.

Die Eizellspenderin hat meist keine Lobby. Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag schreibt: „Völlig unbekannt sind zurzeit die Situation der Eizellspenderinnen und Leihmütter, die ihre ,Dienste‘ deutschen Paaren zur Verfügung stellen, sowie die langfristigen körperlichen und psychischen Folgen für diese Frauen.“

Gefahr der Überstimulation

Nüchtern betrachtet bedeutet eine Eizellspende, dass Frauen den Körper anderer Frauen benützen. Damit mehrere Eizellen im Zyklus reifen, muss eine Spenderin hormonell hoch stimuliert werden.

Das kann zum Überstimulationssyndrom führen. In der schweren Form kommt es zu Flüssigkeitsansammlungen im Bauchraum und in der Lunge, Nierenversagen und Schlaganfall. In Großbritannien kam es zu mindestens fünf Todesfällen.

Auch bei der Entnahme bestehen Risken wie Blutungen und Organverletzungen. Wenn Frauen öfter spenden, können die Eierstöcke vernarben, die Spenderinnen unfruchtbar werden.

Viele offene Fragen

Eine Frau wird also bei einer Eizellspende einem Eingriff ausgesetzt, der ihr in keiner Weise gesundheitlich nützt, sondern schaden kann. Wie verhält sich dies zum medizinischen Prinzip des Nicht-schaden-Sollens?

Das Wohl des Kindes, das durch die Eizellspende vielleicht entsteht, wird noch seltener bedacht. Dabei sollten laut UN-Kinderrechtskonvention alle politischen Entscheidungen vorrangig dahingehend überprüft werden. Voraussetzung dafür wären aussagekräftige Studien zu den Langzeiteffekten auf die Kinder. Solche Untersuchungen fehlen.

Angesichts vieler offener Fragen ist bei der Eizellspende Umsicht statt Eile gefragt. Es geht nicht allein um das Wohl der Paare, die sich ein Kind erhoffen, sondern ebenso um das Wohl der Spenderin und der so gezeugten Kinder.

Mag. Martina Kronthaler ist Generalsekretärin der „Aktion Leben Österreich“.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2011)

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