Amstetten, Aut idem, Arzt/Apotheker, Anwaltspflicht

Wohltuender Beitrag

„Ein Pendel namens Biosprit“, Leitartikel, von Martin Kugler, 16. Mai
Ich gratuliere zum Artikel über Treibstoffalkohol. Der Beitrag hebt sich wohltuend von der üblichen Schwarz-Weiß-Betrachtung ab (derzeit eigentlich nur Schwarz-Betrachtung). Die Themenstellung ist auch ein klassisches Beispiel dafür, wie rasch sich die öffentliche oder auch die veröffentlichte Meinung ändern kann.

August Astl
Generalsekretär LK Österreich

1014 Wien

Fair kommentiert?

„Der Typus Polzer“, Gastkommentar, von Martin Amanshauser, 7. Mai
Mir hat sich als leitender Kriminalbeamter in mehr als 35 Berufsjahren schon unvorstellbar viel Grausames unserer Mitmenschen gezeigt. Mein Arbeitsprofil heißt, mit 300 speziell ausgebildeten Frauen und Männern aufzuklären und Sicherheit wiederherzustellen. Im Laufe der Zeit habe ich zusätzlich immer mehr auf gesteigertes öffentliches Medieninteresse zu reagieren. Im Fall Josef F. in Amstetten sah ich mich etwa 3000 Medienanfragen live im TV, im Radio, bei Pressekonferenzen und unendlichen Telefonaten sowie Gesprächen gegenüber. Gründe, sich als Polizist der Öffentlichkeit zu stellen, liegen auch darin, in einem freien demokratischen Land über Verbrechen, über deren Auswirkungen und selbst Polizeiarbeit Offenheit zu zeigen. Bei jedem Ermittlungsschritt und mitfühlenden Gedanken über die Verbrechensopfer von Amstetten wird mir regelrecht schlecht; ebenso bei Ihrem anmaßenden Kommentar über meine „dubiose Denkungsart“, meine „Rolle in einem drei Nummern zu großen Anzug“ oder gar als „Hobbypsychologe“ dem Täter anerkennend auf die „Schulter zu klopfen“.

Ich werde mich beim nächsten Kriminalfall wieder bemühen, die Rechte von Verbrechern, die Bedürfnisse von Opfern sowie die Gesetze und Vorschriften meines Dienstes sachlich zu wahren. Gleichzeitig möchte ich auch mit ausdauernder Geduld dem journalistischen Ansturm der breiten Medienwelt gerecht werden und unverdrossen hoffen, dass zukünftig mediale Interpretationen meiner Aussagen vor allem von Ihnen, sehr geehrter Herr Martin Amanshauser, fair kommentiert werden.

Franz Polzer
Leiter des Landeskriminalamtes NÖ

Teure Originalpräparate

Zur Gesundheitsreform.
Was soll den Apothekern erlaubt werden? „Aut idem“ heißt wörtlich: „oder dasselbe“. Also der Apotheker kann dem Patienten nicht fünf verschiedene Medikamente andrehen, sondern soll nur unter den identen Generika mit gleichem Wirkstoff und gleicher Dosierung das günstigste abgeben. Da aber derzeit die meisten den gleichen Preis haben, wird sich der Patient dann das Produkt aussuchen können, welches er schon kennt. Und wir Apotheker ersparen uns die Diskussionen mit Kunden, weil vom Programm, das die Rezepte druckt, wieder ein anderer Hersteller als beim letzten Bezug vermerkt ist. (Kommt recht häufig vor!) Ob die Möglichkeit bestehen wird, auf das, auch chemisch idente, teurere Originalpräparat aufzuzahlen, hängt von der gesetzlichen Regelung ab.

Sicher wird es aber auch in Zukunft nicht gehen, dass für ein nicht von der Krankenkasse zugelassenes Medikament der Preis eines zugelassenen Mittels in Abzug gebracht wird. Welche Substanz der Patient bekommen soll, wird immer der Arzt bestimmen und nicht der Apotheker!

Mag. Pharm. Reinhard Fischill
1150 Wien

Oberflächliche Behandlung

Ich finde es gut, zu wissen, dass ich in Österreich nun bald in einem Land leben werde, in dem es eine Zweiklassenmedizin gibt, sofern es sie nicht sowieso schon längst gibt, da Ärzte, die einen Krankenkassenvertrag haben, bald nur mehr 08/15-Untersuchungen und Behandlungen machen werden, weil sie alles andere selbst bezahlen werden müssen. Ich glaube nicht, dass das für die Patienten gut sein wird, denn der Arzt wird sich dann wahrscheinlich nicht die Mühe machen, wirklich alle möglichen und wichtigen Untersuchungen zu machen, sondern nur die, die nötig sind, um entweder irgendetwas zu diagnostizieren oder eben nichts, weil bei der nur oberflächlichen Behandlung leider nichts gefunden wurde.

Das wird dazu führen, dass die Menschen, die genug Geld haben, um zu einem Privatarzt zu gehen, eine bessere Behandlung bekommen werden und somit ein besseres und gesünderes Leben führen werden als die Menschen, die nicht so viel Geld haben und zu einem normalen Kassenarzt gehen müssen.

Ich frage mich nur, ist das wirklich das, was die Politiker erreichen wollten? Sollten nicht alle Menschen das gleiche Recht auf gute medizinische Behandlung haben und auch bekommen? Aber in einer Hinsicht muss ich den Politikern gratulieren, so werden sie es vielleicht wenigstens schaffen, die Pensionskassen wieder auszubessern, denn die meisten Leute werden nicht mehr so alt werden...

Dana Merlin
2353 Guntramsdorf

Bestenfalls ein Prozent gespart

Laut aktuellen Medienmeldungen betragen die Kosten für Medikamente rund drei Milliarden(!) Euro, die umstrittene Reform (Stichwort Wirkstoffe) soll 35 Millionen bringen. In der Praxis werden solche Ankündigungen nie erreicht. Man riskiert also große Unruhe in Ärzteschaft und Bevölkerung, um bestenfalls ein Prozent einzusparen. Darf eigentlich nicht wahr sein.

Dr. Arthur Stromenger
2344 Maria Enzersdorf

Die Folgen der Ehe

Neue Regeln für Patchworkfamilien, 14. Mai
Die Justizministerin will eine verpflichtende Beratungspflicht – auch bei einvernehmlicher Scheidung – für trennungswillige Ehepaare. Diese Verpflichtung ist grundsätzlich eine begrüßenswerte Idee, jedoch zeitlich betrachtet viel zu spät angeordnet. Eine präventive Beratungspflicht wäre sinnvoller, da viele heiratswillige Paare zum Zeitpunkt der Eheschließung wenig bis gar keine Vorstellung über die Rechte und Pflichten des „Ehevertrages“ sowie über die möglichen Folgen und Ansprüche im Falle einer Scheidung haben.

Empfehlenswert wäre, dass vor der Eheschließung die heiratswilligen Partner verpflichtend eine mehrstündige Beratung über die Rechte und Pflichten der zukünftigen Ehepartner in der Ehe sowie über die rechtlichen Folgen und Ansprüche im Falle einer Scheidung von dazu fachlich kompetenten Institutionen, Vereinen oder freiberuflich tätigen Berufsgruppen nachweisen müssen. Damit soll ihnen die alltägliche und tatsächliche Verantwortung und Belastung des „Ehevertrages“ bewusst werden. Vor allem sollen die Heiratswilligen bereits vor der Eheschließung über die Konsequenzen und Ansprüche im Falle einer Scheidung informiert sein.

Mag. Karl Christian Kvas

Gemeinderat der Stadt Graz

ÖVP-Bezirksparteiobmann Graz-Liebenau

Serbien in Europa

„Serbien: Wahlsieg gegen das schlechte Image“, Leitartikel, von Helmar Dumbs, 13. Mai
Die Parlamentswahlen in Serbien beenden die Option eines Sonderwegs mit Russland. Der Bogen vom 28. Juni 1914 schloss sich an diesem Wahltag, 11. Mai 2008. Milosevics Sozialisten liegen bei 7,9 Prozent. Ein Treppenwitz der Geschichte, falls sie mit Tadickoalieren. Das Beste wäre wohl eine große Koalition Tadic-Nikolic. Sie hätte ein breites Fundament. Nikolic hat schon bei der vergangenen Präsidentenwahl mit interessanten Wortmeldungen zu Europa aufhorchen lassen. Machtbeteiligung ist wahrscheinlich attraktiver, als einen aussichtslosen rückwärtsgerichteten Kampf zu führen.

Serbien in Europa kann ein virtuelles Großserbien aufbauen. Alle Grenzen wären offen. Alle serbischen Gebiete im ehemaligen Jugoslawien hätten Autonomie und Zugang zum großen europäischen Markt und allen seinen Förderungen. Ein ausschließlich nach Russland orientiertes Serbien wäre an eine andere Macht gekettet mit nur geringem Spielraum für Eigenes. Serbien wäre für Jahrzehnte isoliert und wirtschaftlicher Fortschritt nur schwer möglich und jederzeit gefährdet. Als Mitglied der EU kann Serbien alle seine Trümpfe ausspielen, so wie Slowenien heute und Kroatien in Kürze.

Die emotionelle Verbindung mit Russland könnte dann trotzdem gelebt werden, denn das vereinte Europa und Russland wachsen in längerer Perspektive unweigerlich zusammen. Ein europäisches Bündnis von Dublin bis zur Beringstraße liegt im großen Trend der Geschichte. Imperialismus ist Vergangenheit, Bildung von freiwilligen, kontinentübergreifenden Vereinigungen gehört die Zukunft. Wenn Serbien den europäischen Weg geht, wird es in absehbarer Zeit Russland als Partner dazubekommen. Wenn es allein eine Union mit Russland anstrebt, wird es Europa verlieren und seine Freiheit gefährden.

Paul Fischer
Mitglied im Vorstand Wr. Akademikerbund

1200 Wien

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.