Zerrieben zwischen Militär und Islamisten

Egal, wer aus dem gefährlichen Machtkampf als Sieger hervorgeht: Verlierer ist Ägyptens Demokratie.

Es wirkte wie ein gespenstisches Déjà-vu: Als Ägyptens Präsident Mohammed Mursi in der Nacht auf Mittwoch vor die Fernsehkameras trat, um den Ägyptern Honig ums Maul zu schmieren und sich zugleich völlig unnachgiebig zu zeigen, gemahnte das an den TV-Auftritt Hosni Mubaraks Anfang Februar 2011 – zu Beginn der Proteste, die den Langzeitautokraten schließlich aus dem Präsidentenamt fegten.

Die Wahl, mit der Mursi an die Macht gekommen ist, war – trotz Stimmenkaufs und Zwischenfälle – im Vergleich zu den Pseudoabstimmungen der Mubarak-Zeit ein Beispiel für Demokratie. Doch Mursi und die Muslimbrüder haben gezeigt, dass sie mit ihrer Macht nicht umgehen können. Sie versuchten, ihre eigene Agenda ohne Rücksicht auf Verluste durchzudrücken, diskutierten mit den Salafisten im Parlament religiöse Spitzfindigkeiten, während Ägyptens Wirtschaft den Bach runterging.

Jetzt blickt das Land in den Abgrund. Und wieder soll die Armee Ägypten „retten“. Das tat sie schon 2011, als sie Mubarak zum Rücktritt zwang. Die folgenden Monate zeigten, dass das Militär nicht das Wohl des Landes, sondern vor allem die eigenen Interessen im Sinn hatte. Egal, wer sich nun als Sieger dieses gefährlichen Machtkampfes erweisen wird, ein Verlierer steht jetzt schon fest: Ägyptens Demokratie.

E-Mails an: wieland.schneider@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.