Im Volkstheater wartet auf Anna Badora harte Arbeit. Sie hat bereits gezeigt, wie man Krisen meistert.
Dem Volkstheater, einer großen Wiener Bühne, die vor allem im letzten Jahrzehnt an finanzieller Auszehrung litt, wird etwas mehr Internationalität guttun. Allein schon deshalb war es eine kluge Entscheidung, Anna Badora zur nächsten Direktorin des Hauses zu machen. Die temperamentvolle Regisseurin aus Polen hat langjährige Erfahrung als Intendantin großer Spielstätten. Ab 1991 leitete die Absolventin des Reinhardt-Seminars das Staatstheater Mainz, ab 1996 das Schauspielhaus Düsseldorf, das einst Gustav Gründgens geführt hatte.
Mit budgetärem Mangel kennt sich Badora aus, denn die Krise der darstellenden Künste zeigte sich in Deutschland viel früher und ist stärker ausgeprägt als in Österreich. Die künftige Chefin des Volkstheaters wird mit den Engpässen in Wien umzugehen wissen und sie entsprechend bekämpfen. Ihr Credo: Theater sei gerade in der Krise unverzichtbar. Ideen seien wichtiger als Geld. (Aber etwas mehr davon darf es hoffentlich sein!)
In Graz hat Badora es verstanden, dem Stadttheater Elan zu geben – bald stieg auch die Auslastung. Es wurden tolle Regisseure wie Peter Konwitschny und Theu Boermans gewonnen, sie entdeckte für Österreich den inzwischen renommierten Viktor Bodó. Auch mit der Zusammenstellung des Ensembles bewies Badora Geschick. Von Graz kommend, haben seither recht viele Schauspieler in viel größeren Städten reüssiert.
Für das Volkstheater kann man sich nur wünschen, dass die künftige Chefin bei aller Liebe zur Tradition weiter Ausschau nach Talenten in ganz Europa hält und dass sie viele Uraufführungen ermöglicht. Das würde die Wiener in ihrem Traum bestärken, in einer Theatermetropole zu leben.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2013)