Wenn die Eltern Facebook kapern

Mal ganz ehrlich: Was hätten wir mit 16, 17 Jahren wohl getan, wenn am Samstagabend zu fortgeschrittener Stunde plötzlich Mama und Papa in unserem Stammlokal aufgekreuzt wären?

Mal ganz ehrlich: Was hätten wir mit 16, 17 Jahren wohl getan, wenn am Samstagabend zu fortgeschrittener Stunde und nach dem Konsum des einen oder anderen unter Umständen alkoholhaltigen Getränks plötzlich Mama und Papa in unserem Stammlokal aufgekreuzt wären? Vielleicht hätten wir noch ein gequältes: „Na, das ist ja eine Überraschung!“ über die Lippen gepresst, aber im Wiederholungsfalle hätten wir um die Stätte künftig einen großen Bogen gemacht, ein Lokalverbot zu erwirken, wäre ja eher schwierig gewesen.

Auch wenn es vielleicht manche bedauern: Man kann seinen Eltern ebenso wenig verbieten, sich einen NSA-Account bei Facebook zuzulegen. Aber man kann, wie in der analogen Welt mit den Füßen, mit der Maus abstimmen – und sich Alternativen suchen. Genau das passiert laut einer Studie gerade: Das Portal scheint für Jugendliche zusehends uncool zu werden. Die Eltern müssen ja nun wirklich nicht alles wissen, was wir der Öffentlichkeit und den diversen Geheimdiensten ganz freiwillig preisgeben. Spätestens wenn man in die Verlegenheit kommt, auf ihre Freundschaftsanfrage (was für ein Wort!) zu reagieren, weiß man, dass es höchste Zeit für einen virtuellen Ortswechsel geworden ist.

In der analogen Welt fressen die Revolutionen ihre Kinder. Bei der digitalen Revolution ist es nun so, dass die Eltern die Revolution ihrer Kinder fressen – und diese einfach zum nächsten Portal weiterziehen. Denn die digitale Welt ist groß.

E-Mails an: helmar.dumbs@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2013)

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