Minister ohne Meinung

Justizminister Wolfgang Brandstetter will sich in die Debatte ums Adoptionsrecht für homosexuelle Paare nicht einmischen.

Er sei nur für die legistische Umsetzung dessen zuständig, worauf man sich geeinigt habe. Es sei Aufgabe des Parlaments, die inhaltliche Frage zu lösen.

In einer idealen Demokratie, in der Exekutive und Legislative getrennt sind, wäre es so. Realpolitisch liegt die Macht aber bei der Regierung. Und selbst wenn Brandstetter – was lobenswert wäre – mit seiner Aussage den Parlamentarismus stärken wollte: Als zuständiger Minister (das Adoptionsrecht ist im Justizministerium angesiedelt) wäre es gut, eine Meinung zu haben. Sei es auch nur, um mit dem Parlament darüber zu diskutieren.

Denn was kommt sonst als Nächstes? Eine Verkehrsministerin, die nicht sagt, wo Straßen gebaut werden sollen? Ein Sozialminister, der keine Meinung zu Armut hat? Ein Außenminister, der die Lage auf der Krim nicht kommentieren möchte?

Brandstetters Taktik ist nicht neu. Auch zur Reform des Erbrechts meinte er kürzlich, er mache hier keine Vorgaben. Der Minister versteht sich als parteiunabhängig und will das bei jeder Gelegenheit betonen. Aber auch ohne Parteibuch ist man als Minister ein Politiker. Und Politiker sollten nicht nur Verwalter, sondern auch Gestalter sein. Eine Meinung zu haben wäre dafür einmal ein guter Anfang.

E-Mails an:philipp.aichinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2014)

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