System Bawag: Tun, nicht nachfragen

Eine Zeugin zeigt auf: In der Bawag wurde derb angeschafft. Wer es wagte nachzufragen, riskierte seinen Job. Das passt ins Bild.

Vier-Augen-Prinzip, Risikomanagement, interne Kontrolle – das gab es freilich auch in der „alten“ Bawag unter Helmut Elsner. Vielleicht gab es noch keinen „Chief Risk Officer“, wie ihn nun der neue Boss, Ewald Nowotny, eingeführt hat, aber im Prinzip hätte das zur Verfügung stehende (und auch gesetzlich vorgeschriebene) Sicherungsinstrumentarium genügt, um die enormen Spekulationsverluste zu verhindern. Warum die Bank dennoch am Rande des Ruins stand, ist klar: Die Kontrollsysteme wurden nicht nur nicht genützt, sondern sogar gezielt umgangen.

Inwieweit damit das Verbrechen der Untreue erfüllt ist, klärt derzeit das Gericht. Doch eines ist seit der Aussage einer früheren Bawag-Abteilungsleiterin schon jetzt offenkundig: Das System „Bawag“ beruhte auf einem Außerkraftsetzen des gesunden Menschenverstandes der eigenen Mitarbeiter.

Dem zum Trotz verweisen Elsner und Co. dauernd auf die „Fachabteilungen“. Möglichst viel Verantwortung abschieben, heißt die Devise. Hört man der ersten Zeugin aus einer dieser „Fachabteilungen“ zu, erscheinen besagte Abteilungen retrospektiv als „Verschleierungsabteilungen“. Ihre Aufgabe war es, mitzuhelfen, Verluste an den Bilanzen vorbeizuschmuggeln. Gewünscht war der reibungslose Vollzug der Befehle. Und bitte keine dummen Fragen. Aber vielleicht „flunkert“ die Zeugin? Diesen Eindruck macht sie nicht. Außerdem: Sie steht unter Wahrheitspflicht. Die Angeklagten nicht. (Bericht: Seite 15)


manfred.seeh@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2007)

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