Erkaltete Liebe zum Big Mac

Es muss frostig gewesen sein im Jänner 1990, als am Puschkin-Platz in Moskau der erste McDonald's-Laden in der Sowjetunion aufsperrte.

Doch der Kalte Krieg hatte sich da bereits verzogen, und für viele läutete das Symbol des US-Kapitalismus den Untergang des Sowjetimperiums ein, der nicht mehr lange auf sich warten lassen sollte. Die kommunistische Mangelwirtschaft prädestinierte die Russen geradezu für lange Warteschlangen. So, als würde Gratiswodka ausgeschenkt, drängelten sich bei der Eröffnung 30.000 Menschen, um in einen lauwarmen Burgerkloß zu beißen – und sich dabei so richtig wie ein Amerikaner zu fühlen.

Die McDonald-Brüder, die Gründer der Laberlkette, hätten sich das wohl nie träumen lassen – und die Genossen Stalin und Co. schon gar nicht. Unweit des Lenin-Mausoleums avancierte McDonald's zu einer kapitalistischen Erfolgsstory, zur profitabelsten Filiale in Europa.

Im zu Ende gehenden Sommer kehrt die Eiszeit in Moskau indessen unvermittelt zurück. Aus Hygienegründen, wie es offiziell heißt, schlossen die russischen Behörden vier Restaurants des Burger-Riesen. Nicht etwa, weil sich Wladimir Putin beim Verzehr eines Big Mac den Magen verdorben hätte – oder gar, weil sich eine tote Maus in einen Cheeseburger schwindelte. Nein, dem Kreml-Herrn – so steht zu vermuten – stieß etwas anderes sauer auf. Die Sanktionen des Westens hatten seinen Heißhunger gezügelt, nach Äpfeln aus der Steiermark strich er nun als Retourkutsche auch Junkfood made in USA von seinem Menüplan.

Fortan verordnet er seinen Bürgern statt Burger Pelmeni und Piroschki – bis Hamburger-Fans auf die Barrikaden steigen. Ernährungsexperten mögen sich derweil streiten, was denn nun gesünder sei.

E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2014)

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