Der Staat als Gouvernante der Eltern

Familien sind in der Lage, selbst zu entscheiden.

Wenn es um die Familien geht, agiert die Politik weitgehend so, als hätte sie es mit lauter kleinen Kindern zu tun, die man anleiten, erziehen und vor Schaden bewahren muss. Bestes Beispiel dafür ist die derzeitige Regelung des Kindergeldes: In voller Länge bekommt man es nur, wenn auch die Väter in Karenz gehen. Traut man modernen Eltern nicht zu, ganz ohne Zwang eine partnerschaftliche Aufteilung zu wählen? Da wird sogar in Kauf genommen, dass Alleinerzieherinnen draufzahlen und um einen Teil des Kindergelde umfallen. Pech gehabt!

Bei der jetzt geplanten Neuregelung des Kindergeldes könnte die Bevormundung munter weitergehen, wenn es nach manchen Protagonisten geht. Die Grünen wollen ausgerechnet die beliebteste Variante, die Langform über 36 Monate, streichen, mit der Begründung, diese würde die Rückkehr in den Arbeitsmarkt erschweren. Und das können die Eltern nicht selbst abschätzen? Ist es nicht auch legitim, für die Entscheidung, Kinder drei Jahre daheim zu betreuen, auch Nachteile in Kauf zu nehmen?

Allerdings ist auch der Ruf nach „Wahlfreiheit“ oft eine versteckte Bevormundung. In Gegenden, in denen kein Betreuungsangebot für unter Dreijährige geschaffen wird, bleibt nur die – von vielen ideologisch gewünschte – Wahl, Kinder daheim zu betreuen. Verstärkt durch einen gewissen gesellschaftlichen Druck, die Kleinen nicht „so früh“ in die Krippe zu stecken. Dass die beliebteste Variante des Kindergeldes die Langform ist, hat wohl auch damit zu tun.

martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2014)

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