Der Weg der Türkei in die EU ist weit

 - Gegnerinnen des neurlichen Urteils zum Kopftuchverbot demonstrieren Anfang Juni 2008 in Istanbul.
- Gegnerinnen des neurlichen Urteils zum Kopftuchverbot demonstrieren Anfang Juni 2008 in Istanbul. (c) REUTERS (Osman Orsal)
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Solange nicht einmal die Türken selbst wissen, welche Art von Staat die moderne Türkei ist, brauchen Beitrittsgegner nicht zu zittern.

Die europäischen Feinde eines türkischen EU-Beitritts dürfen sich freuen. Denn die Türkei nimmt ihnen derzeit die Arbeit ab: Argumente dafür zu liefern, warum das Land noch lange nicht reif für die Europäische Union ist.

Das zeigt der Streit zwischen der regierenden AKP von Premierminister Recep Erdogan und den Höchstgerichten. Dieser Streit tobt gleich an zwei Fronten: Als Aufwärmübung kippten die Höchstrichter vor kurzem die von der AKP beschlossene Lockerung des Kopftuchverbots, nun bereiten sie sich auf den „Super-Gau“ für die AKP vor – zu entscheiden, ob die Partei verboten werden sollte. Immerhin, so der Generalstaatsanwalt, sei die AKP aus der bereits aufgelösten „Wohlfahrtspartei“ hervorgegangen und stelle „ein Zentrum von Aktivitäten gegen den säkularen Staat“ dar.

Das Fazit dieses erbitterten Kampfes? Die Türkei muss erst einmal für sich entscheiden, was für ein Staat sie heute ist: die säkulare Bastion in einer islamischen Welt, errichtet von Kemal Atatürk und bewahrt durch Militär und Gerichte? Oder ein Land, in dem die Mehrheit Muslime sind, die ihre Religion auch offen ausüben und ausleben wollen? Genauso, wie sie das in den meisten Staaten der Europäischen Union bereits jetzt dürfen. Diese Entscheidung ist für die Beitrittsreife der Türkei wichtig. Noch ausschlaggebender aber wird die Art sein, in der sie getroffen wird. Verbote von Regierungsparteien dürften da nicht gerade hilfreich sein. (Bericht: S. 6)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2008)

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