Verspäteter Abschied

Mit der ÖVP-Hofübergabe ist das Ende der Ära Schüssel verbunden. Das sollte sich der Exkanzler nicht zurufen lassen müssen.

In der Volkspartei kommt das Personalkarussell nach dem „Schritt zurück“ von Parteichef Molterer und der Bestellung von Josef Pröll jetzt so richtig in Schwung. Wenn nach der vernichtenden schwarzen Wahlniederlage vom Sonntag nun die Schlüsselfunktionen in der Partei neu besetzt werden, ist davon auszugehen, dass auch der wichtigste Posten im Parlament, jener des Klubobmanns, nicht ausgespart bleiben wird.

Der bisherige Fraktionschef Wolfgang Schüssel steht für eine Ära, die bereits 2006 mit seiner Abwahl als Bundeskanzler beendet wurde. Im Vergleich zum Nichtregieren der Großen Koalition war Schwarz-Blau-Orange ja trotz Haiders Personalpleiten und Pirouetten eine Phase mutiger Entscheidungen – von den Privatisierungen bis hin zu den Eingriffen ins Pensionsrecht. Konsequenterweise hätte sich Schüssel schon nach seiner Kanzlerzeit zurückziehen sollen, statt via Fernsteuerung über Wilhelm Molterer weiter mitzumischen.

Nach der Wahl hat jetzt sein verzweifeltes Dazwischenfunken gar nicht mehr funktioniert. Schüssels Zeit ist endgültig abgelaufen. Das merkt der Bürger allein daran, dass nun bereits schwarze Politiker(innen) aus der dritten Reihe dem ÖVP-Klubchef den Rückzug als „selbstverständlich“ nahelegen dürfen. So etwas hat ein ehemaliger Bundeskanzler und Politiker vom Format eines Schüssel eigentlich nicht nötig. (Bericht: S. 6)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2008)

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