Geschwärzte Tage für die Demokratie

Mit zensurierten Akten wird das Parlament lächerlich gemacht.

Ein nicht unwesentlicher Faktor in unserem demokratischen System ist die Kontrollfunktion des Parlaments. Die besteht unter anderem, wir zitieren jetzt die Parlamentswebsite, „in der Beschaffung von Information, die dann öffentlich bekannt gemacht wird. Diese soll zu politischen Konsequenzen führen.“

Schön gesagt. Und jetzt schauen wir ebendiesem Parlament einmal beim Informationsbeschaffen zu. Beim parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Hypo-Affäre etwa, dem bisher teuersten, unappetitlichsten und kriminellsten Bankenskandal der Zweiten Republik.

Da sehen wir: Weit her ist es mit der Kontrollfunktion nicht. Am ersten Ausschusstag liefert die staatliche „Banken-ÖIAG“ Fimbag geschwärzte Akten. Am zweiten Tag stellt sich die FMA mit fein säuberlich zensurierten Papieren ein.

Das Pikante daran: Die Fimbag wird von zwei Ex-Notenbankern geleitet, von denen einer noch während der heißen Phase des Hypo-Wahnsinns (bis 2008) Gouverneur, also deren oberster Chef, war. Die Rolle dieser OeNB als (versagender) Bankenprüfer ist höchst aufklärenswert. Und die FMA selbst hat ja – gerade erst wieder nach dem Auftritt der Ex-Staatskommissärinnen vor dem Ausschuss – auch nicht wenig Hypo-Erklärungsbedarf.

Anders gesagt: In die Hypo-Geschichte als Kontrollore involvierte Institutionen und Personen können sich selbst aussuchen, was sie dem Untersuchungsausschuss mitteilen und was nicht. Und der immerhin von der Parlamentspräsidentin geführte Ausschuss nimmt es (mit Ausnahme zweier Oppositionsvertreter) stoisch gelassen hin, dass eine staatliche Beteiligungsgesellschaft und eine Bundesbehörde das Parlament mit provokanter Informationsverweigerung pflanzen.

Damit, sorry, macht sich das Parlament als Kontrollinstanz lächerlich. Daten- und Personenschutz sind eine ernste Angelegenheit. Sie müssen aber auf andere Weise gewährleistet werden als dadurch, dass Auskunftspersonen die Auskunft verweigern. Es gilt eine Interessenabwägung. Und in diesem Fall gehen die Interessen der Steuerzahler ganz eindeutig vor.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2015)

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