Anna Fenninger hat Dienstagabend etwas gewagt, was noch keine Skifahrerin vor ihr gewagt hatte.
Die Salzburgerin, 26, war via Facebook auf die Barrikaden gegangen. Anna Fenninger hatte mit dem Österreichischen Skiverband abgerechnet, sie griff sogar den allmächtigen Präsidenten, Peter Schröcksnadel, an. Fenninger erntete viel Applaus, nicht nur von Fans, auch von ihrer US-Konkurrentin Mikaela Shiffrin. Es war der Aufstand einer Frau in einem System, das gnadenlos von Männern dominiert wird.
Die Olympiasiegerin forderte mehr Rechte, speziell in Sponsorfragen. Sie wollte sich dem System ÖSV nicht länger fügen und sprach aus, was viele ihrer Kolleginnen fühlen und denken. Ihr Kampf schien nicht aussichtslos, ein eigener Weg vorgezeichnet. Letztlich geht Fenninger doch wieder jenen des Verbands, den einfacheren, den sie willens war zu verlassen. Fenninger hat angesichts ihres Präsidenten und seiner Macht der Mut verlassen.
Österreichs Skiheldin büßt dadurch an Glaubwürdigkeit ein. Stattdessen ging der Skiverband als großer Gewinner hervor – wie immer eigentlich. Anna Fenninger hat aber zumindest ein wenig Pionierarbeit geleistet: Dass Schröcksnadels Skiverband ein echtes Problem im Umgang mit Frauen hat, ist nun offiziell.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2015)