Lasst doch auch die Frauen länger als bis 60 arbeiten!

Anhebung des Frauenpensionsalters – eine Frage der Gleichberechtigung.

Die letztwöchige Debatte um eine Anhebung des Frauenpensionsalters, ausgelöst durch einen OECD-Bericht, wonach Österreich „Nachholbedarf im Genderbereich“ habe, war einmal mehr ernüchternd. Seitens der SPÖ wurden jegliche Mahnungen nach dringenden Reformen im Pensionssystem sofort mit „Panikmache“ gleichgesetzt. Dass diese angebliche „Panikmache“ aber nicht unbegründet ist, zeigen unmissverständlich die Zahlen.

Der Zuschuss von Steuergeldern ins Pensionssystem steigt rasant an. Laut Daten der Pensionskommission (Kurzfristgutachten 2014) steigen die Bundesmittel für Pensionen von 9,7 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf 13,5 Mrd. im Jahr 2019 an; 2007 waren es noch 6,9 Milliarden. Ähnliches zeigen die Zahlen des Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria, wonach nur 57,2 Prozent der Pensionen durch Beiträge gedeckt sind, der Rest wird durch den Steuerzahler finanziert.

Seit 1970 hat sich die Pensionsbezugsdauer der Frauen im Durchschnitt knapp verdoppelt, jene der Männer knapp vervierfacht. Zudem liegt das faktische Pensionsantrittsalter mit 59,6 Jahren (exklusive Rehabilitationsgeld) um fast vier Jahre unter dem OECD-Durchschnitt. Im Jahr 1970 lag das faktische Pensionsantrittsalter bei 61,2 Jahren, also nahezu zwei Jahre höher als heute. Würde man alle Geldleistungen der Pensionsversicherung, also auch das neue Rehabilitationsgeld, mit in die Berechnung einbeziehen, dann ergäbe sich für das Jahr 2014 ohnehin nur ein faktisches Pensionsantrittsalter von 58,9 Jahren.

Das System enkelfit gestalten

Aus diesen Gründen müssen wir an allen erdenklichen Schrauben drehen, um unser Pensionssystem enkelfit zu gestalten und die nachfolgenden Generationen damit nicht zu belasten. Eine dieser Schrauben ist das Antrittsalter für Frauen. Mit der nun geplanten stufenweisen Angleichung zwischen 2024 und erst 2033 befindet sich Österreich leider abermals unter den Schlusslichtern in der EU, die eine Gleichstellung des Pensionsalters von Männern und Frauen umsetzen. Auch die EU hat uns in den länderspezifischen Empfehlungen zu Österreich kürzlich unmissverständlich zu einer früheren Angleichung geraten.

Länger arbeiten, mehr Pension

Politisch wie rechtlich erscheint also eine Verteidigung des niedrigeren Frauenpensionsantrittsalters nicht nachvollziehbar. Viele Frauen wollen gern länger arbeiten als bis 60, man müsste nur die richtigen Anreize setzen.

Es ist auch eine Frage der Gleichberechtigung, denn gerade die letzten Arbeitsjahre sind meist jene, in denen am meisten verdient wird. Um diese Jahre fallen Frauen derzeit gezwungenermaßen um. Ein späterer Pensionsantritt bei Frauen würde in diesem Sinn also auch dazu beitragen, die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern anzugleichen.

Nachdem die Lebenserwartung stetig steigt, beziehen österreichische Pensionistinnen derzeit im Durchschnitt 27,6 Jahre lang ihre Pension. In keinem anderen OECD-Land sind Frauen so lang im Ruhestand wie in Österreich, wie auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ spitz bemerkt hat.

Generell können wir eine verlässliche Altersvorsorge für die heutigen und kommenden Generationen nur garantieren, wenn wir endlich damit anfangen, die steigende Lebenserwartung im Pensionssystem entsprechend abzubilden. Zudem schränken die wachsenden staatlichen Ausgaben für die Pensionen die budgetären Spielräume für zukunftsorientierte Bereiche – wie etwa Bildung – enorm ein. Wollen wir unsere Gesellschaft wirklich so an unsere Nachfahren übergeben?

Dr. Therese Niss (* 1977) ist Bundesvorsitzende der Jungen Industrie.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2015)

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