Privatsheriffs jagen „Clandestini“

Der italienische Staat gibt einen Teil seines Gewaltmonopols an Bürgerwehren ab – just in einer Zeit, in der die Angst vor Fremden wächst.

Italien ist in Gefahr. Und diese Gefahr kommt von außen: auf klapprigen Booten über das Mittelmeer oder mit Auto und Zug aus den neuen EU-Mitgliedstaaten. Dieses Bild zeichnen schon seit Jahren Italiens Rechtsparteien, allen voran die „Lega Nord“. Wie auch in Österreich vermischt man bei dieser „Ausländerdiskussion“ alles Mögliche miteinander: die Flucht vor Krieg und Verfolgung, illegale Einreise aus Wirtschaftsgründen, legale Zuwanderung, kriminelle Akte von Nichtitalienern und das Anwachsen muslimischer Gemeinden.

Populistisches Fazit der Diskussion: Mehr Fremde bedeuten mehr „Gefahr“. Und wer sich gar illegal im Land befindet, also einer der „Clandestini“ ist, habe ohnehin nichts anderes im Sinn, als zu stehlen und Drogen zu verkaufen. Um der „Gefahr“ Herr zu werden, hat Italien ein neues Sicherheitspaket geschnürt. Mit vielen der – teils drakonischen – Bestimmungen zieht Rom mit Fremdengesetzen in Österreich, Deutschland und anderen EU-Ländern gleich.

Und doch tut sich Italiens Regierung mit einer Besonderheit hervor. Sie legalisiert unbewaffnete Bürgerwehren. Die rücken unter anderem aus, um Fremde ohne Aufenthaltsgenehmigung aufzuspüren. Der Staat gibt damit einen Teil seines Gewaltmonopols auf. Just in einer Zeit, in der Italien zunehmend von einer Phobie vor Fremden erfasst wird. Einer Phobie, für die Parteien wie die „Lega Nord“ mitverantwortlich sind. (Seite 6)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2009)

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