Ja, in Wien verfügt Rot-Grün II über eine Mehrheit. Das hat der denkwürdige Dienstag bewiesen.
Die Gemeinderäte haben – welch Überraschung – Michael Häupl zum Bürgermeister und Maria Vassilakou zu dessen Vize gewählt. Mit knappen bis knappsten Ergebnissen allerdings.
Mehrere Abtrünnige bei SPÖ und/oder Grünen versagten der Parteispitze in geheimer Wahl ihr Vertrauen. Wir sehen Häupl und Vassilakou offenbar im politischen Abendrot. Denkwürdig. Jedenfalls sieht ein geeinter, schwungvoller Start deutlich anders aus. Aber was soll's. Gewählt ist gewählt, werden sich die beiden und alle Regierungsmitglieder denken. Denken wird sich der eine oder andere in der SPÖ, dass man angesichts dieses Stolperns mit der ÖVP hätte koalieren können. Die wäre billig zu haben gewesen. Und die Mehrheit mit genauso knappen Ergebnissen hätte die Kleinpartei ebenfalls zusammengebracht. Noch etwas fällt auf: Michael Ludwigs Wahlergebnis. Er erhielt mit Abstand die meisten Stimmen, auch von der – der Rest der SPÖ-Crew um Häupl mag sich Augen, Ohren und Nase fest zuhalten – FPÖ. Manche sehen Ludwig gar als künftigen Bürgermeister diskreditiert. Wie gesagt: manche. Bei Weitem nicht alle.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2015)