Kniefall ohne Datenschutz

Die EU-Regierungen wollen dem US-Geheimdienst Zugriff auf europäische Bankdaten gewähren. Ein Freibrief für Willkür.

Nichts zu verbergen? Natürlich nicht. Aber wäre es Ihnen angenehm, würde beispielsweise Ihre Überweisung an eine dem Dalai Lama nahestehende Organisation vom chinesischen Geheimdienst kontrolliert? Wären Sie bereit, dazu in China einvernommen zu werden, wenn Sie in Zukunft einmal das faszinierende Land besuchten? Wohl eher nicht.

Es reicht, dieses Szenario durchzuspielen, um zu erkennen, welche Gefahr mit der geplanten Weitergabe von europäischen Bankdaten an die USA verbunden ist. Denn ein solches Zugriffsrecht für einen fremden Geheimdienst birgt immer die Gefahr der Willkür in sich. Eine Willkür noch dazu, der jeder europäische Bürger ohne ausreichenden rechtlichen Schutz ausgeliefert wäre.

Mit dem Argument der Terrorismusbekämpfung versuchen nicht nur die USA, alle Einwände von Datenschützern in den Wind zu schlagen. Doch der Zweck heiligt nicht automatisch die Mittel. Irgendwann ist es an der Zeit, den Schutz des Bürgers gegen die tatsächlichen kriminaltechnischen Notwendigkeiten und Erfolge abzuwägen. Die heimische Spitzelaffäre sollte uns eine Lehre sein: Dort, wo es den Zugriff auf heikle Personendaten gibt, dort wird dieser Zugriff auch missbraucht. So dienen manch heikle Daten nicht etwa nur der Sicherheit, sondern oft auch der Durchsetzung ganz banaler politischer oder wirtschaftlicher Ziele. (Bericht: Seite 5)


wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2009)

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