Repolitisierung

Kurz, ganz kurz war alles anders. Der neue Kanzler kommunizierte anders, sprach anders, antwortete auf Fragen.

Kurz, ganz kurz war alles anders. Der neue Kanzler kommunizierte anders, sprach anders, antwortete auf Fragen. Er veränderte das Pressefoyer. Er änderte die Sitzordnung im Ministerrat. Er sprach von New Deal und neuem Stil. Wie Italiens Matteo Renzi sprach Christian Kern via Facebook und ließ sich mit guten Brillen auf Instagram zeigen. Ja sogar auf den Koalitionspartner ging er zu. Kurz.

Doch dann wurde es politisch oder besser: ideologisch. Der Kanzler wählte eine Zeitung und schrieb einen Text. Für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ formulierte er seine Forderung nach einem Ende des Sparkurses in Europa: Um Europa wieder zu einem „Kontinent der Hoffnung“ zu machen, müssten die öffentlichen Investitionen in der EU stark erhöht werden. Für die ÖVP konterte Hans Jörg Schelling ebendort: Kern sei ein „linker Ideologieträger“. Und: „Für mich sind diese Gedanken ein doppelter Salto zurück.“ Und ÖVP-Parteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ähnlich charmant in der „Presse“: „Ich erkenne hier Tendenzen eines realen Sozialismus mit menschlichem Antlitz. Ich bin der Meinung, dass dieser Weg längst von der Geschichte falsifiziert worden ist.“ Was Kern wiederum als „Ausdruck einer bestimmten rechten Ideologie“ empfindet.

Es ist also endlich wieder alles wie früher. Nur kriegt es nun endlich auch Deutschland in der Zeitung mit!

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2016)

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