Bestverwaltete Stadt a. D.

Wien verliert nicht nur einen Welterbe-Titel.

In Wien gab es lang eine Art Deal: Die Stadt leistet sich eine teure, oft mühsame Verwaltung. Dafür funktioniert alles halbwegs.

Zwar war die Floskel von der „bestverwalteten Stadt“ immer schon eine solche. Aber an guten Tagen glaubte man trotzdem ein bisschen daran. Doch die guten Tage sind selten und der selbst verliehene Titel – so wie bald das Welterbe – perdu: Fördergeldmissbrauch bei den Kindergärten, Kontrollmängel bei der Mindestsicherung, Korruptionsverdacht bei Wiener Wohnen. Und der Bericht zum KH Nord wartet schon.

Die SPÖ liefert der Opposition die Themen frei Haus. Und das zu einem für die Roten prekären Zeitpunkt: Man ist intern uneins, der Chef angekratzt, die blaue Konkurrenz in Umfragen gleich auf. Und das Geld in der Stadtkasse ist auch knapp. Kurz: Die SPÖ steht im Eck. Und zwar rechter wie linker Flügel. Eine Strategie, da herauszukommen, fehlt. Selbstbewusst, wie es der Wohnbaustadtrat versucht, wird es nicht klappen. Ludwig deutet die Ermittlungen gegen seine Beamte als Erfolg der internen Revision. Eh. Auch der Weg der Sozialstadträtin führt eher ins Leere: Abwarten und hoffen.

Die Stadtregierung, und vor allem die rote, muss sich endlich fragen, wo es im Getriebe hakt. Sind die Behörden überfordert? Werden Missstände aus Angst nicht gemeldet? Mangelt es bei der Ethik? Gefragt sind Antworten, Ausreden und Schmäh gab's genug. Eine Großstadt braucht ein Profi-Management. Etwas anderes kann sich Wien 2017 nämlich gar nicht mehr leisten.

ulrike.weiser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2017)

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