Jeder Grieche war ein Teil des Systems

An der Misere sind nicht nur Banken und Politiker Schuld.

Kommentar

Tausende griechische Bürger versammelten sich am Dienstag in Athen, um gegen das Sparpaket zu demonstrieren. Weitere Tausende – vor allem staatlich Bedienstete – legten ihre Arbeit nieder. Die „Empörten“, wie sie sich nennen, haben aus ihrer Sicht auch gute Gründe. Die Sparmaßnahmen sind für den Einzelnen schmerzlich. Sollen doch die Banken und Politiker zahlen, meinen sie. Das Volk kann doch nichts dafür, wie es auch außerhalb des Landes heißt.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die griechische Politik ist für das System der Korruption und die gefälschten Statistiken verantwortlich, mit denen sich das Land in die Eurozone geschwindelt hat. Auch die Rettung der nationalen Banken war nicht gratis. Der ganz große Teil des Defizits geht aber auf erhöhte Pensionen und Beamtengehälter zurück, wie Vizepremier Theodoros Pangalos sagt.

Dabei müssen gar nicht aberwitzige Prämien wie jene 310 Euro pro Monat für Busfahrer, die rechtzeitig zur Arbeit erscheinen, zitiert werden. Fakt ist, dass die griechischen Löhne viel schneller anstiegen als die Produktivität. Das gilt vor allem, aber nicht nur für den staatsnahen Bereich. Somit war jeder Grieche Teil dieses Systems. In Summe lebten die Griechen über ihre Verhältnisse und wählten jene Politiker, die ihnen versprachen, dass das so bleiben werde.

Das sei auch in Österreich so, meinen Sie?

Stimmt.

jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2011)

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