Statt sich ständig gegenseitig zu kommentieren, könnten die ÖVP-Spitzenpolitiker ein Konzept ausarbeiten.
Irgendwer in der ÖVP spricht die Unwahrheit. Der steirische Landeschef sagt, Michael Spindelegger habe den Vorschlag, für Bezieher sehr hoher Einkommen einen zweckgebundenen Solidarbeitrag einzuführen, selbst in der Runde der schwarzen Landeshauptleute formuliert. Die Finanzministerin hingegen spricht von einem Alleingang Prölls. Und Reinhold Mitterlehner unterstellt dem Niederösterreicher indirekt parteischädigendes Verhalten. Oder meinte Mitterlehner gar Spindelegger selbst?
Egal, um diese Probleme muss sich ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch kümmern. Was an diesem Dilettantismus wirklich ärgerlich ist: Erstens hat die ÖVP mit ihrer Nabelbeschau trotz U-Ausschuss das mediale Interesse – das jeder derartigen internen Debatte automatisch folgt – an dubiosen Vorgängen im Kanzleramt, im Innenressort und in anderen Regierungsstellen abgezogen. Zweitens führt die Steuerdiskussion nur zur Frage, wer noch mehr Steuern zahlen darf, statt Möglichkeiten zum Sparen auszuloten. Drittens gelingt es der ÖVP, eine geplante Entlastungsoffensive über Besserverdiener zu verstecken: Dass die Bemessungsgrundlage für den Spitzensteuersatz von derzeit 60.000 auf 100.000 Euro erhöht werden soll, passt besser zu einer wirtschaftsorientierten Partei als eine Reichensteuerdiskussion.
Vielleicht sollten Maria Fekter und Michael Spindelegger einfach rasch ihr gesamtes Steuerkonzept auf den Tisch legen. Dann wäre übrigens auch die SPÖ gezwungen, konkret nachzuziehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2011)