Allein die Blockadeparteien profitieren von der Lethargie.
Nichts ist es geworden mit dem Schulterschluss der Österreicher für eine Bildungsreform, den Hannes Androsch mit seinem Volksbegehren beschwören wollte. Daran kann auch alle Schönfärberei, in der sich so mancher Unterstützer wohl üben wird, nichts ändern: Das Volksbegehren ist genau das, wozu es die Initiatoren in ihrer fast penetranten Dauerbeschallung hochstilisiert haben. Es ist Gradmesser dafür, welche Bedeutung dem Thema Bildung – abseits vordergründiger Aufgeregtheit – tatsächlich in der Bevölkerung beigemessen wird. Nämlich keine.
Zu verdanken ist diese Lethargie nicht zuletzt den Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP, die mit einer kraftlosen, ideologisch verbohrten Schul- und Uni-Politik jede Hoffnung auf Reformen, die diesen Namen verdienen, erstickt haben. Sie beschränken sich darauf, ihrer sinkenden Zahl an Anhängern via Boulevardmedien halbseidene Kompromisse – zuletzt jenen zur Neuen Mittelschule – als Erfolge zu verkaufen.
Dass ausgerechnet ein (per se schon) zahnloses Begehren – noch dazu organisiert von einem 73-jährigen selbst ernannten Mutbürger, der zu lange selbst Teil des mutlosen politischen Systems war – daran auch nur irgendetwas ändern könnte, war den wenigsten zu vermitteln. Das ist schade. Zeugt aber zumindest davon, dass sich mancher einen Rest an politischem Realitätssinn bewahrt hat.
Eigentlicher Verlierer des Abends ist nicht Hannes Androsch. Sondern das Bildungssystem selbst. Denn die Chance, die Schüler, Eltern, Studierenden und Pädagogen aus der Geiselhaft der ÖVP-Blockadefraktion und einer in Uni-Belangen visionslosen SPÖ zu befreien, ist vertan. Bleibt nur zu hoffen, dass die Koalition die niedrige Beteiligung nicht auch noch als Bestätigung ihrer Nichtpolitik versteht.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2011)