Dunkle Deals und das Feindbild Israel

Das Hinprügeln auf den Nachbarn im Norden löst Ägyptens Probleme nicht.

Der Deal war vielen Ägyptern schon lange ein Dorn im Auge – und emotionales Thema auf dem Tahrir-Platz vor einem Jahr: „Lieben wir die Israelis so sehr, dass wir ihnen unser Gas gleichsam schenken, während wir vor die Hunde gehen?“, fragte damals einer der jungen Demonstranten erbost. Viele, die gegen Mubarak protestierten, witterten hinter dem Erdgasgeschäft mit Israel einen schmutzigen Deal – zum Vorteil für die Privatkassen einiger weniger Regimegrößen und zum Nachteil des ägyptischen Staates.

Doch es geht nicht nur um Korruptionsverdacht. Die Sache sitzt tiefer. Zwar haben Israel und Ägypten 1979 einen Friedensvertrag unterzeichnet, doch der Friede ist in den Köpfen vieler Ägypter nicht angekommen. Auch wenn niemand Krieg will: Das große Feinbild ist nach wie vor der Nachbar im Norden. Ein Grund dafür ist die Solidarität mit den Palästinensern im Gazastreifen. Das Feindbild Israel wurde aber auch vom Regime gepflegt: So behaupteten staatliche Medien, die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz würden von Israel bezahlt. Und auch die andere Seite arbeitet damit: Bei Protesten tauchten Schmähbilder auf, die Ägyptens Generäle mit israelischen Politikern zeigten.

Dass der Gasvertrag mit Israel geplatzt ist, erfüllt viele Ägypter mit Genugtuung. Sollte es bei dem Deal Unregelmäßigkeiten gegeben haben, so gehört das aufgeklärt. Es hat aber wenig Sinn, durch Hinprügeln auf das „Lieblingsfeindbild“ der arabischen Straße von Ägyptens Problemen ablenken zu wollen. Dafür sind diese zu groß.

wieland.schneider@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2012)

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