Glücksspiel mit der Behörde

Mit dem aktuellen Glücksspielgesetz hat der Gesetzgeber versagt. Ein Paradebeispiel, wie man Recht nicht schafft.

Seit der römischen Antike haben Regierungen, Religionen und andere Machthaber danach getrachtet, Glücksspiel durch klare Regeln zu unterbinden – oder zumindest in kontrollierten Bahnen zu halten. Ein legislativer Gedanke, der nicht nur den unschönen Begleiterscheinungen von „Spielhöllen“ (was für ein vielsagendes Wort!) – Sucht, vernichteten Existenzen, Beschaffungskriminalität – geschuldet ist. Auch das moralische Grundmotiv, Vermögen ohne Leistung sei falsch – eigentlich eine zutiefst bürgerliche Perspektive –, steht seit jeher hinter Glücksspielgesetzen.

Nur: Das ist ein Gedanke, von dem sich Österreich mit seinen letzten Glücksspielnovellen verabschiedet hat: Das derzeitige Gesetz ist nicht aus einer klaren Vision heraus entstanden, wie man Suchtgefährdete schützen, Betrüger bekämpfen und harmloses Freizeitvergnügen erlauben könnte, sondern aus einem Kuhhandel zwischen unterschiedlichen Lobbys – und mit dem Hintergedanken, dem Staat durch Spielabgaben eine beträchtliche Einnahmenquelle zu erhalten.

Und genau so sieht dann auch die gelebte Rechtspraxis des Glücksspielgesetzes 2010 aus: Da stehen einander in dem undurchdringlichen Paragrafendschungel von Übergangsfristen, Konzessionen und „wohlerworbenen Rechten“ Behörden und Unternehmer – beide unterstützt von hochkarätigen Rechtsgutachtern – gegenüber und müssen eine belastbare Rechtslage erst über Jahre bei den Höchstgerichten erstreiten.

Ein Paradebeispiel, wie man Recht nicht schafft.

georg.renner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2012)

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