Sie haben ihr Minus verdient

KUNDGEBUNG DER OeVP NOe 'NOe-WAHL: SCHLUSSVERANSTALTUNG IM WAHLKAMPF': PROeLL
KUNDGEBUNG DER OeVP NOe 'NOe-WAHL: SCHLUSSVERANSTALTUNG IM WAHLKAMPF': PROeLLAPA/HELMUT FOHRINGER
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Vier Landeshauptleute stehen ab Sonntag zur Wahl. So unterschiedlich sie und ihre Länder sind: Selbstkritik ist trotz offensichtlicher Fehler allen völlig fremd. Ganz im Westen geht es ganz anders.

Staatskünstler waren einmal, 2013 agieren die Landeskünstler. In Niederösterreich haben sich von rechts bis links außen, international angesehene bis regional weltberühmte Schriftsteller, Maler und Streicher für die Wiederwahl des amtierenden Landeshauptmanns starkgemacht. Sie mag Sympathie für den bärbeißigen Charme Erwin Prölls, die Hoffnung auf Berücksichtigung musealer Zuwendung oder Dankbarkeit für bereits erfolgte Aufmerksamkeiten antreiben. Noch nie zuvor sammelte ein rein verfassungsrechtlich nicht übertrieben einflussreicher Landeshauptmann so viele prominente Unterstützer. Vielleicht liegt es auch an der Hoffnung altersmild bis gleichgültig gewordener Damen und Herren, dass ein starker Mann im Gegensatz zu zwei schwachen Lenkern der Bundesregierung sagt, wo es langgeht. Vielleicht ist es aber auch eine schlaue, weil unumgängliche Kapitulation vor einer schlichten Tatsache: Der Herr im Landhaus von St. Pölten regiert Österreich.

Im Wahlkampf war von Nordkorea, autokratischem Führungsstil und undemokratischem Verhalten die Rede. Er regiere eben, sagt Pröll dazu, und verbittet sich solche Vergleiche. Er sei demokratisch legitimiert und habe eine weiße Weste. Tatsächlich ist die Wehleidigkeit enorm, wenn es um Pröll geht – bei Gegnern und Anhängern. Geschickt wird von diesen jede Kritik als Angriff auf das Land umgemünzt. Ganz so, als wäre Pröll – der „Power-Bua“, wie das auf Neuniederösterreichisch affichiert wird – die einzige identitätsstiftende (Vater-)Figur des inhomogenen Landes. All das zeugt vom barocken Selbstverständnis eines Landesfürsten.
Grund für Kritik gibt es mehr als genug: ein enormer Schuldenberg, missglückte und verschleierte Spekulationen mit öffentlichem Geld und vor allem keine wie immer geartete Selbstkritik, 2013 nicht anders zu agieren als im vergangenen Jahrhundert. So hat Pröll keine Bedenken, Rücklagen des Landes aufzulösen, um ein Nulldefizit vorzutäuschen – während das Land munter weiter mehr ausgibt, als es einnimmt. Dank dieses Taschenspielertricks kann Pröll vor der Wahl damit prahlen, „als einziges Bundesland keine neuen Schulden“ gemacht zu haben. Nachhaltige Budgetsanierung, gar Einschnitte bei Förderungen? Nie gehört.

Nur in diesem einen Punkt ist der Vergleich mit dem anderen sogenannten Landesvater zulässig, der am Sonntag zur Wahl steht: Gerhard Dörfler hat kein schlechtes Gewissen, wenn es um ein desaströses Minus in den Landesfinanzen geht. Kein anderes Land steht finanziell derart aberwitzig da. Dörfler witzelt und lächelt sich durch den Wahlkampf und verhält sich so, als habe seine blau-orange Clique seit Jörg Haider nicht das Bundesland und damit längst auch Teile des Bundeshaushalts ausgeräumt. Im Gegenteil: Der gütige Clown verspricht weitere Segnungen des Landes.
Gabi Burgstaller, ewige Personalreserve in eigener Sache, hat zwar kameragerecht Tränen vergossen, Schuldbewusstsein ist ihr aber vor der Wahl im Mai fremd: Eine Beamtin soll alles verspielt haben, was ihr zu kompliziert war. Ihr Finanzlandesrat, David Brenner, hat zwar laut allen Indizien von den unglaublichen Transaktionen gewusst. Aber wie ihre Kollegen Landeshauptleute meint Burgstaller, sie könne sich nicht um Details kümmern.

Worum eigentlich sonst?
Dann wäre da noch Tirols Günther Platter, der seine gesamte Karriere versucht hat, unauffällig zu bleiben, was ihm auf der Jagd nicht immer gelang. Beim Schuldenvermeiden liegt er besser – wenn es um modernes, bürgernahes Regieren geht, nicht.
Dass Föderalismus funktionieren kann, beweist in der Nähe zur Schweiz Vorarlbergs Markus Wallner. Er wirtschaftet ausgeglichen, wagt echte Bürgerbeteiligung fern Wiener Schmähbefragungen und wäre bereit, die unpopuläre Verantwortung für Steuern zu übernehmen. Also nicht nur das Privileg, Geld zu verteilen wie seine Kollegen.
Er steht diesmal leider nicht zur Wahl.


E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2013)

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