Die Welt der Kriege, der PR-Shows und der neuen Friedenschancen

Von Syrien bis Südsudan toben blutige Konflikte. Der Kampf um Demokratie erweist sich als hart. Dennoch gibt es - gerade in Afrika - Grund zur Hoffnung.

Kirchen gehen in Flammen auf, Moscheen werden abgefackelt. Muslimische und christliche Milizen gehen aufeinander mit Kalaschnikows und Macheten los. In der Zentralafrikanischen Republik gibt es keinen Weihnachtsfrieden. Was auf den ersten Blick wie ein Krieg zwischen Konfessionen erscheint, ist ein beinharter Kampf um Macht und Einfluss: zwischen Anhängern eines – muslimischen – Ex-Rebellenführers, der sich ins Präsidentenamt geputscht hat, und seinen Ex-Milizen, über die er die Kontrolle verloren hat, den Anhängern des gestürzten – christlichen – Staatschefs und externen Spielern wie der einstigen Kolonialmacht Frankreich.

Diese brisante Mischung ist ein Paradebeispiel für die Zusammensetzung der politischen Brandsätze, die nach wie vor in Teilen des afrikanischen Kontinents Konflikte auflodern lassen. So auch im Südsudan. Auch hier wird Gewalt die Weihnachtstage überschatten. Dass sich der Südsudan vom Norden des Landes durch einen Verhandlungsprozess abgespaltet hatte, weckte große Hoffnungen. Doch nun schlittert das jüngste Land der Welt in eine interne Krise.

Einige Hoffnungen auf eine friedlichere, demokratischere Welt, in der die Menschenrechte respektiert werden, wurden im ausgehenden Jahr enttäuscht. Einige erfüllten sich. Andere keimten neu auf: etwa in Russland, wo am Montag zwei Aktivistinnen der Kreml-kritischen Künstlergruppe Pussy Riot das Arbeitslager verlassen durften – wenige Tage nach der Freilassung des Putin-Rivalen Michail Chodorkowski. Mit diesem klugen PR-Schachzug versucht der russische Präsident vor den Winterspielen in Sotschi sein internationales Image aufzupolieren. Zugleich bleibt er aber gegenüber anderen, weniger prominenten Dissidenten hart.

Doch die Ereignisse in Russland zeigen: Sogar dem stählernen Kreml-Herrn ist nicht gleichgültig, wie ihn die Welt sieht; ob er die Spiele in Sotschi mit oder ohne hochrangige internationale Besucher feiern kann. Das sollte man in Europa und den USA für den künftigen Umgang mit Putin im Hinterkopf behalten.

Während die internationalen Medien die Freilassung Chodorkowskis und der Pussy-Riot-Aktivistinnen feierten, wurden in Ägypten drei führende Mitglieder der liberalen Jugendbewegung „6.April“ zu Gefängnisstrafen verurteilt. „6. April“ stand beim Kampf gegen Diktator Hosni Mubarak an vorderster Front. Wie befürchtet, belassen es Ägyptens neue Militärmachthaber nicht dabei, die Muslimbruderschaft zu zerschlagen. Sie machen auch säkulare Kritiker mundtot.

Im arabischen Raum hat sich die Hoffnung, dass rasch Demokratie einkehrt, nicht erfüllt. Und doch hat sich etwas geändert: Der revolutionäre Geist ist aus der Flasche. Wer auch immer in Ägypten oder in Tunesien seine Macht missbraucht, muss mit Widerstand aus der Bevölkerung rechnen. Das bekam der gestürzte ägyptische Präsident Mohammed Mursi zu spüren. Das könnten auch die Generäle zu spüren bekommen.

In Syrien ist der Traum von einer neuen arabischen Welt zum Albtraum geworden. Doch das jüngste Tauwetter zwischen den USA und dem Iran birgt auch einen Funken Hoffnung für Syrien in sich. Vielleicht kann ja Teheran als wichtigster Verbündeter des syrischen Regimes in einen Friedensprozess einbezogen werden und zu einer Lösung beitragen? Ein Vielleicht mit einem gewaltigen Fragezeichen. Ebenso groß ist das Fragezeichen, das hinter dem Nuklearabkommen zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft steht. Funktioniert das Ganze, wäre das ein historischer Durchbruch. Schlägt es fehl, rückt der Iran der Atombombe einen großen Schritt näher und die gesamte Region wird noch unsicherer als bisher.

Trotz all der Krisen ist die Welt nicht gewalttätiger als früher, und sie wartet auch mit Erfolgsgeschichten auf. Gerade auch in Afrika. Zwar werden im Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik blutige Konflikte ausgefochten. Doch die Zeit der großen Kriege auf dem Kontinent ist vorbei. Und auch auf dem Weg zu Demokratie und wirtschaftlichem Erfolg hat sich in vielen afrikanischen Ländern einiges verbessert. Eine Entwicklung, die auch anderen Teilen der Welt Hoffnung geben sollte.

E-Mails an: wieland.schneider@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2013)

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