Es waren einmal SPÖ und ÖVP

Trotz vergleichsweise guter wirtschaftlicher Zahlen und konstruktiver schwarz-grüner Regierungsarbeit gewinnt in Oberösterreich wohl nur die FPÖ. Josef Pühringer trägt auch Schuld daran.

Klein, schwarz, stark: Landeshauptmann Josef Pühringer charakterisiert damit nicht seinen Espresso vor dem Regierungstreffen mit den Grünen, sondern sich und die oberösterreichische ÖVP. An diesem Wahlsonntag dürfte die Konzentration auf dem Eigenschaftswort „klein“ liegen – und „stark“ ist nur der Verlust. Die Volkspartei wird heute aller Voraussicht nach massiv verlieren. Einziger Trost nach alter österreichischer Reichshälften-Logik, die sogar SPÖ und ÖVP überleben wird: Der SPÖ widerfährt der Absturz ebenso, sie wird auf Platz drei hinter der FPÖ die Welt nicht mehr verstehen und ungläubig der alten Voest- und Arbeiter-Tradition der Partei gedenken.

Aber so wie die ÖVP in zwei Wochen Wien und das Projekt Stadt wird aufgeben müssen, gilt für die Sozialdemokratie Werner Faymanns: Das Land, die Bundesländer sind gefallen. Von Vorarlberg bis St. Pölten ist die Kanzlerpartei nur noch eine Fußnote, in Eisenstadt braucht sie die FPÖ, in Klagenfurt darf sie den Masseverwalter eines fast bankrotten Landes geben. Die SPÖ besteht nur noch aus zwei Machtfaktoren: der Gewerkschaft und der Wiener SPÖ, die in zwei Wochen gegen die Sieges-FPÖ vor das strenge Wählergericht muss.

Für Reinhold Mitterlehner wird das zu erwartende Minus die erste ernste Schlappe, er kommt aus Oberösterreich und steht für mittelständische Wirtschaft und den dazugehörigen Bund.

Das Ungerechte an dem Wahlergebnis: Die wichtigen wirtschaftlichen Zahlen und Parameter, die Bilanz der schwarz-grünen Regierung gelten laut Experten als überwiegend positiv. Im Gegensatz zur einander misstrauenden Bundes-Blockade-Regierung haben Josef Pühringer und Rudi Anschober einen guten Regierungsstil ohne große Fouls, Kuschelkurs und Selbstaufgabe entwickelt. In Wien hatte noch ein gewisser Wolfgang Schüssel regiert, als sich die beiden ungleichen Parteien gegen eigene innere Widerstände zusammenschlossen und ein politisches Role Model für Österreich erfanden.

Doch dann kamen die Flüchtlinge und ein schwerer strategischer Fehler Pühringers, der aus der typischen Selbstherrlichkeit feudaler Landeshauptmänner resultiert. Anstatt sich beim Asylgipfel im Sommer mit Kanzler und Vizekanzler auf Flüchtlingsquoten für alle Länder zu einigen, ließ sich Pühringer von Faymann und dessen „Krone“-Politik nur allzu gern provozieren und mit Spezi Erwin Pröll die Verhandlung platzen. Später wurde Pühringer dann wieder milder und nahm Flüchtlinge auf. In den vergangenen Tagen versuchte er plötzlich, mit CSU-Nähe und -Zitaten die FPÖ rechts zu überholen. Das klingt nicht nach dem Krisenmanager, der er eigentlich sein könnte. Und er zeigt das ÖVP-Dilemma beim Thema Flüchtlinge und Asyl. Zickzack wird nicht funktionieren.

Grüne Stagnation. Die Grünen müssen sich hingegen fragen: Zwölf Jahre Regierung und am Schluss ist die Stagnation am Wahlsonntag schon fast ein Erfolg? Nein, auch das Eva-Glawischnig-Modell der lächelnden Juniorpartnerin auf allen Ebenen und die Schönwetterreklame werden wieder echter Politik weichen müssen. Und die Neos? Ihnen wünschen wir an dieser Stelle alles Gute, aber die Hoffnung auf Mitleid ist selten eine gute Überlebensstrategie. Die FPÖ wird feiern und eine Regierungsbeteiligung fordern, der sich Pühringer dank dieses Resultats und des Eisenstädter Rot-Blau-Spiels nur schwer wird entziehen können.

In der ehemals Großen Koalition wird heute, Sonntag, also wieder einmal eine schwere Niederlage zu beklagen sein. Nicht einmal dem lustigsten Regierungssprecher wird es gelingen, regionale Vorkommnisse und Anomalien für das Doppel-Minus verantwortlich zu machen. Das Missmanagement der Regierung in der Flüchtlingscausa, ihre sprunghafte, fast hysterische Politik und das Fehlen jedes Konzepts, mit den Problemen umzugehen, schenken dem grinsenden Heinz-Christian Strache einen weiteren Wahlsieg. Er muss weiterhin nur machen, was er inhaltlich gut kann: nicht viel.


rainer.nowakaktion@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2015)

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