Und nun: Vier Wochen Licht gegen Schatten

BP-WAHL: HOFBURG - HOFER / KHOL / HUNDSTORFER / VAN DER BELLEN
BP-WAHL: HOFBURG - HOFER / KHOL / HUNDSTORFER / VAN DER BELLEN(c) APA/HANS KLAUS TECHT
  • Drucken

Dem Land steht eine Polarisierung bevor. Nützen wird sie den Kontrahenten
in der Stichwahl von Grün und Blau. Schaden wird sie dem Land.

Noch am Wahlsonntag hat die Hochschülerschaft der Universität Wien zur Demonstration gegen Norbert Hofer, den Sieger der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl, am 19. Mai aufgerufen: „Ein großes Zusammenwirken antifaschistischer Kräfte wird notwendig sein, um das Schlimmste, was dieses Land zu bieten hat, von diesem Amt fernzuhalten.“ Künstler bekennen, wen sie in der Stichwahl wählen werden: Alexander Van der Bellen natürlich. Ein Schauspieler will seinen Pass abgeben. Journalisten wollen auswandern.

Licht gegen Schatten, Gut gegen Böse – das wird jetzt wohl so dahingehen bis zur Stichwahl am 22. Mai. Oder wie das „Profil“ befürchtet: „Dem Land drohen vier Wochen lang Triumphgeheul von rechts und Moralisieren von links.“
Wie beim Konflikt um Kurt Waldheim 1986 ist es wiederum eine Bundespräsidentenwahl, die eine solche Polarisierung mit sich bringt. Wem diese nützt, wem diese schadet, liegt auf der Hand. Sie schadet dem Land. Und sie nützt den beiden Hauptbeteiligten und ihren Parteien. Norbert Hofer gegen Alexander Van der Bellen. Es ist das Duell zwischen einem gemäßigten Rechten und einem gemäßigten Linken. Und doch ist es auch die Auseinandersetzung der beiden Pole in diesem Präsidentschaftswahlkampf. Denn die Parteien, die hinter ihnen stehen, die FPÖ und die Grünen, stehen einander nahezu fundamental gegenüber. Die Kandidaten der Mitte sind ausgeschieden.

Also: rechts gegen links. Für beide Lager eine Win-win-Situation in puncto Mobilisierung. Jeder kann mit dem Schreckgespenst des gegnerischen Gegenübers seine eigenen Anhänger motivieren, in vier Wochen Wahlkampf noch einmal für den eigenen Kandidaten zu rennen, als ginge es tatsächlich um etwas, ja sogar um alles. Es geht allerdings nur um die Repräsentationsfigur des Bundespräsidenten. Aber wie gesagt: die Polarisierung und die Bundespräsidentenwahl – in Österreich ein eigenes Kapitel.

Die Frage ist: Was tun die Bürger in der Mitte? Jene, die im ersten Wahlgang Irmgard Griss, Andreas Khol, Rudolf Hundstorfer oder Richard Lugner gewählt haben? Lassen sie sich von der bereits stattfindenden Polarisierung anstecken? Verweigern sie sich dieser? Oder gehen sie sogar so weit, dass sie, angewidert von dieser, sich der Stichwahl am 22. Mai ganz verweigern? Letzteres gilt es zu verhindern, Ersteres eigentlich auch. Daher: Nicht jeder, der Norbert Hofer im zweiten Wahlgang seine Stimme gibt, ist ein Faschist. Und nicht jeder, der in der Stichwahl Alexander Van Bellen wählt, öffnet damit dem rot-grünen Chaos Tür und Tor.

Im Idealfall legen beide Kontrahenten noch einmal ihre Positionen dar, verzichten auf Polemiken und Untergriffe. Allerdings – wir wollen nicht naiv sein – findet Politik auch nicht im luftleeren Raum statt. Die soeben ausgeschiedene unabhängige Kandidatin, Irmgard Griss, kann da ein Lied von grünem und schwarzem Dirty Campaigning singen. Von den einen musste sie sich ins Nazi-Eck stellen lassen, die anderen gingen mit der Geschichte von der Vernichtung der U-Ausschuss-Akten hausieren. Sie hatte allerdings keine Akten vernichtet, sondern lediglich ihre eigenen Gesprächsprotokolle.

Man kann also eigentlich nur auf die Einsicht der beiden involvierten Parteien, der Grünen wie der Freiheitlichen, hoffen, dass sie den Versuchungen widerstehen, die Lautstärke in unerträgliche Höhen zu drehen. Erste Ansätze sind immerhin da: Bei der Abschlusskundgebung der FPÖ am Freitag auf dem Wiener Stephansplatz vor Hunderten freiheitlichen Hardcore-Fans streifte Norbert Hofer den Aufreger der Vorwoche, die Vergewaltigung einer Studentin durch drei jugendliche afghanische Asylwerber am Praterstern, nur kurz. Man stelle sich vor, was Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache daraus gemacht hätten.
Und Christoph Chorherr, der ehemalige Grünen-Chef, twitterte gestern in Bezug auf die geplante ÖH-Demo gegen Norbert Hofer: „Das ist, mit Verlaub, kontraproduktiv und hilft nur Hofer.“

E-Mails an:oliver.pink@diepresse.com

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.