Die Hypo und ihre Kontrollpfeifen

Das System Haider wurde durch intensives Wegschauen möglich.

Eine österreichische Bank von der Größenordnung der ehemaligen Hypo Alpe Adria wird von einem Aufsichtsrat, einem Staatskommissär sowie der Finanzmarktaufsicht (deren Organ der Staatskommissär ist) beaufsichtigt und von einem Wirtschaftsprüfer und der Nationalbank geprüft. Wie darf man sich das vorstellen, dass in einem solchen Kontrollumfeld ein unbesicherter „Bianco“-Kredit (einschließlich eingebauter Schmiergeldfunktion) über 37 Mio. Euro für ein dubioses Kroatien-Projekt mit Umweg über Liechtenstein einfach so durchgewinkt werden kann, ohne dass einer zum Feuerlöscher greift?

In Internetforen wurde nach dem eher erbärmlichen dieswöchigen Auftritt der damaligen Staatskommissärin Sabine Kanduth-Kristen vor dem Hypo-Untersuchungsausschuss gewitzelt, mit „den vielen Pfeifen“, die damals am Werk gewesen seien, könne man „die größte Orgel der Welt bauen“.

Schön wär's, aber dieses Bild ist falsch. Wären Pfeifen am Werk gewesen, könnte man sie das nächste Mal durch Fachleute ersetzen. Hier waren allerdings Leute zugange, die ganz offensichtlich etwas vom Fach verstanden (die damalige Staatskommissärin etwa ist studierte Betriebswirtschafterin und Universitätsprofessorin in Klagenfurt), aber, wenn sie schon selbst nicht in kriminelle Handlungen verwickelt waren – nach dem Prinzip der drei chinesischen Affen („Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen“) –, zwanghaft wegschauten. Und sich damit natürlich mitschuldig machten. Zu letzterer Kategorie gehört wohl die gesamte Kontroll- und Prüfungskette.

Wenn jetzt mit dem Seendeal und den Hypo-Krediten gleichzeitig zwei besonders übel riechende Blasen des Kärntner Korruptionssumpfs aufpoppen, dann sollte man nicht zu laut „System Haider“ schreien. Das hat es gegeben (und dass die damals werkende Buberlpartie da ungeschoren herauskommt, ist ein Skandal für sich), aber es wäre ohne die zahlreichen Wegschauer und Mitläufer nicht möglich gewesen.

Wenn man eine Lehre daraus ziehen kann, dann jedenfalls die, dass Aufsichtsräte von „Geht mi' nix an“-Kaffeekränzchen wieder zu für ihr Tun (auch finanziell) verantwortlichen Gremien umfunktioniert werden müssen. Dass die Bankenprüfung endlich entpolitisiert gehört. Und dass man sich Staatskommissäre, die bloße Staffage für Aufsichtsratssitzungen spielen, schlicht sparen kann.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2015)

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