Ist dieses Land vielleicht doch noch sanierbar?

Finanzminister Schelling fällt mit erstaunlichen Aussagen auf.

Fast war man schon am Verzweifeln angesichts der ungeheuren Ignoranz, mit der die politische Elite die großen Probleme dieses Landes weiterschiebt und der Wirtschaft beim langsamen Den-Bach-Hinuntergehen zuschaut. Doch zuletzt hat Finanzminister Hans Jörg Schelling auf drei Veranstaltungen drei Aussagen getätigt, die nur zwei Schlüsse zulassen: Entweder der Mann ist noch zu kurz in der heimischen Politik und kennt deren Mechanismen noch nicht – oder er peilt ganz ernsthaft den Paradigmenwechsel an, den dieses Land so dringend braucht, in den herrschenden Strukturen aber nicht bekommt.

Konkret: Schelling hat den ÖBfA-Notkredit für Kärnten unterschrieben – aber nur unter strikten Reformauflagen. Er hat im Parlament zum Beschluss des Finanzrahmens kategorisch festgestellt, dass das Land ein ernstes Ausgabenproblem habe, das Budget also mit Wirtschaftswachstum allein nicht zu sanieren sei. Und er hat bei einer Börsenveranstaltung den gegeneinander arbeitenden Kontrollorganisationen FMA und Bilanzpolizei mit dem „Eingreifen“ gedroht, falls diese nicht zu einer konstruktiveren Arbeitsweise fänden.

Das alles ist genau genommen ebenso banal wie selbstverständlich, spiegelt aber nicht das gewohnte Gedankengut der heimischen Wirtschaftspolitik wider. Dabei geht es hier nicht um Nebensächlichkeiten: Kärnten könnte ja eine Art Modell dafür sein, wie man die Geldvernichtungsmaschine Bundesländer mit der Finanzkeule einfängt und zu Reformen „motiviert“. Das von maßgeblichen Regierungsmitgliedern strikt geleugnete Ausgabenproblem macht den seit vielen Jahren versprochenen ausgeglichenen Staatshaushalt unmöglich. Und was schlecht arbeitende Kontrollinstanzen etwa bei der Hypo angerichtet haben, muss hier wohl nicht mehr näher ausgeführt werden.

Dass das alles von einem prominenten Regierungsmitglied zumindest einmal angesprochen wird, ist das erste ermutigende Zeichen seit Langem. Vielleicht ist dieses Land mit den richtigen Leuten ja doch sanierbar. Zumindest Ansätze dafür sind zu erkennen. Und das ist ein erster Lichtblick

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2015)

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