Ohne finanzielle Peitsche geht es einfach nicht

Dass Banken unbegrenzt Staatskredite „schöpfen“ können, ist Wahnsinn.

Im Schatten der alles überlagernden Griechenland-Krise gingen in den vergangenen Tagen ein paar andere wichtige Ereignisse ein wenig unter. Beispielsweise der für die Weltwirtschaft wahrscheinlich deutlich bedeutendere Crash an den China-Börsen. Oder der hiesige Parlamentsbeschluss für eine weitere sogenannte Steuerreform, die ausschließlich einnahmenseitig (über Steuern und wohl auch Schulden) gegenfinanziert wird und keine einzige nennenswerte Strukturmaßnahme enthält.

Letzteres ist betrüblich, denn die Staatsschulden Österreichs, die schon bei ungemütlichen 85 Prozent des BIPs liegen, könnten ja, wenn es in Griechenland blöd läuft, ganz leicht über die 90er-Hürde springen und damit wirklich langsam problematisch werden. Und keiner tut etwas dagegen.

Das hängt wohl auch damit zusammen, dass den Staaten das Schuldenmachen so leicht gemacht wird: Die Anleiherenditen werden von den Notenbanken Richtung null manipuliert. Und die Banken werden geradezu in die Staatsfinanzierung gedrängt: Im Gegensatz zu Unternehmens- oder Privatkrediten müssen Staatsanleihen nämlich nicht mit Eigenkapital unterlegt werden. Sie sind ja, siehe Griechenland, „sicher“.

Anders gesagt: Die Staaten haben dafür gesorgt, dass die Banken für sie – und nur für sie – faktisch unbegrenzt Geld „schöpfen“ können. Im Gegenzug werden sie dann, wie im Fall Griechenland, auf Steuerzahlerkosten herausgehauen, wenn sich „sichere“ Staatsanleihen als doch nicht ganz so sicher erweisen sollten.

Das ist Wahnsinn – und ganz nebenbei einer der Hauptgründe dafür, dass die meisten Regierungen der Industriestaaten – auch die österreichische – so ungeniert auf Kosten künftiger Generationen auf den Putz hauen können.

Wir wissen unterdessen, dass der einzige Weg zu echten Reformen die finanzielle Peitsche für Regierungen ist. Nur wenn das Geld ausgeht (und die Steuerschraube ausgedreht ist), lassen sich Einschnitte in die Strukturen durchsetzen. Der wichtigste Schritt zu einer Gesundung der Eurozone wäre also einmal, das Dogma von den „sicheren“ Staatsanleihen zu entsorgen.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2015)

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