Wofür zahlen wir eigentlich unsere Steuern?

Ein intransparentes System verhindert Qualitätskontrolle.

Gestern war Tax Freedom Day. Eine nette Zahlenspielerei, die besagt, dass wir seit Jahresbeginn de facto ausschließlich für den Staat gearbeitet haben und uns die Früchte unserer Arbeit erst ab kommendem Montag für den kümmerlichen Rest des Jahres selbst zur Verfügung stehen.

Die Arbeiterkammer hat das als Mogelpackung bezeichnet, weil wir ja nicht nur zahlen, sondern vom Staat auch Gegenleistungen bekommen. „Jaaa, das stiiimmt“, hätte ein bekannter Altfußballer dazu gesagt. Hoffentlich, denn dass wir Steuern nur für eine Kleptokratie abliefern, wollen wir ja doch nicht hoffen.

Das ist aber auch nicht der Punkt. Der ist vielmehr die Frage, ob wir auch einen angemessenen Gegenwert für unsere Zahlungen bekommen oder ob man das Geld vielleicht effizienter einsetzen könnte.

Da gibt es leider erhebliche Zweifel. Immerhin haben wir, um ein Beispiel zu nennen, eines der teuersten Bildungssysteme der Welt. Aber nur sehr mittelmäßige Ergebnisse in den diversen Pisa-Tests und Uni-Rankings. Oder, um ein weiteres von vielen Beispielen anzuführen, eines der üppigsten Familienförderungssysteme dieses Globus, ohne dass die angepeilten Effekte (soweit es Zielsetzungen überhaupt gibt) auch nur ansatzweise erreicht werden.

Ein Unternehmen würde in einer derartigen Situation zu Analyse und Schwachstellenbeseitigung schreiten. Die Politik schafft es nicht einmal zu einer gescheiten Analyse, weil die Gelder in unserem seltsamen Föderalismus einfach intransparent versickern. Eine Transparenzdatenbank wird von Provinzkaisern ja aus gutem Grund verhindert. Transparenz ist eben schwierig in einer Staatskonstruktion, in der die sogenannte Bundesregierung ein Verfassungsgesetz braucht, um ihre eigenen Immobilien in den Ländern nach ihrem Gusto nutzen zu können.

Das Problem ist also nicht, dass wir Steuern zahlen. Sondern, dass es zu wenig Qualitäts- und Effizienzkontrolle gibt. Der Tax Freedom Day hat sich seit 1987 übrigens vom 22. Juli auf den 21. August verschoben. Das hängt ursächlich mit obigem Dilemma zusammen – und sollte uns eigentlich zu denken geben.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2015)

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