Neues aus dem blubbernden Politsumpf II

Bei der versteckten Parteienfinanzierung ist die Kreativität gewaltig.

In der wundersamen Welt der österreichischen Parteienfinanzierung ist die Wirklichkeit immer noch ein Stück skurriler (und unfassbarer) als die Vorstellungskraft eines leidgeprüften Steuerzahlers: Gestern haben wir die Forderung des grünen Abgeordneten Dieter Brosz kritisiert, der den Bürgermeistern mehr Geld verschaffen will, indem die von ihnen geleistete „Parteisteuer“ in eine aus öffentlichen Mitteln dotierte zusätzliche Gemeindeparteienförderung umgewandelt wird.

Jetzt stellt sich heraus, dass es Bundesländer gibt, in denen die Parteien schon das (für sie) Beste aus beiden Welten realisiert haben. Niederösterreich beispielsweise, wo § 17a des Gemeinde-Bezügegesetzes ganz offiziell Gemeindezahlungen an „Interessenvertretungen“ vorsieht, die sich (je nach Gemeindegröße) zwischen 273,53 und 1460,71 Euro je Gemeinderat und Jahr bewegen.

Interessenvertretungen sind dort nicht nur Städte- und Gemeindebund. Nein, jede relevante Partei hat solche Interessenvertretungen in Form von Vereinen und Bünden laufen. Und kann damit, streng proporzmäßig, versteht sich, ein bisschen Gemeindegeld in Parteikassen umleiten.

Österreich hat damit wohl nicht nur eine der höchsten, sondern auch eine der unsaubersten Parteienfinanzierungen der westlichen Welt. Das gehört dringend auf einen zivilisierten Stand gebracht.

Ebenso wie das Faktum, dass viele Bürgermeister kleinerer Gemeinden sich selbst anstellen, um zwei Gehälter zu kassieren. Das ist, auch wenn das zahlreiche politische Mandatare anders sehen, schon vom Grundsätzlichen her eine Unverfrorenheit: Wenn man zwei Fulltime-Jobs locker gleichzeitig ausüben kann, dann sind das schlicht und ergreifend keine Fulltime-Jobs. Und wenn beide vom Steuerzahler bezahlt werden, dann liegt der Verdacht nahe, dass dieser Steuerzahler hier auf gut Österreichisch mit voller politischer Rückendeckung ordentlich g'schnalzt wird.

Wenn Bürgermeister unausgelastet sind und zu wenig verdienen, dann gibt es dafür eine einfache Lösung: eine Gemeindestrukturreform, die Verwaltungseinheiten einer Größe schafft, die einen Ortschef auch auslasten. Und diese Ortschefs sind dann ordentlich zu bezahlen, sodass sie sich nicht in windige Konstruktionen flüchten müssen.

Das typisch österreichische Weitergewurstel sollte keine Option mehr sein.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2016)

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