Die krausen Thesen des Herrn Trump

Werden wir auf Staatssanierung per Zugriff auf Vermögen vorbereitet?

Bei uns sind sie ein wenig untergegangen, in den USA haben sie aber doch gehörig Staub aufgewirbelt: die Überlegungen des wahrscheinlichen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump über einen möglicherweise notwendigen Haircut bei US-Staatsanleihen bzw. über eine Entschuldung per Rückkauf von Staatsanleihen zu einem Discount, wenn Zinsen hochgehen und Anleihenkurse fallen.

Ob Trump bei Ersterem wirklich, wie er sagt, missverstanden wurde, und ob es, was Zweiteres betrifft, wirklich nobelpreisverdächtig ist, niedrigst verzinste Anleihen auf höher verzinste umzuschulden (denn das Geld für den Rückkauf haben die Amerikaner ja nicht in der Schreibtischlade herumliegen), sei dahingestellt.

Was die Aufregung der Finanzcommunity ausgelöst hat, ist etwas anderes: Anleihen in der Weltleitwährung US-Dollar gelten als die sichersten überhaupt. Ihre Rückzahlung auch nur teilweise infrage zu stellen, rüttelt an den Grundfesten des Weltfinanzsystems.

Es ist aber nicht so unwahrscheinlich: Die US-Schulden steigen exponentiell, sie haben mit mehr als 19.000 Mrd. Dollar schon fast 120 Prozent des BIPs und damit südeuropäische Verhältnisse erreicht.

So dramatisch waren die USA bisher nur einmal verschuldet: zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Auf normalem Weg sind solche Verschuldungsgrade (noch dazu bei schwachen Wachstumsraten) nicht mehr einzufangen. Nach dem Weltkrieg halfen beim Schuldenabbau neben vergleichsweise hoher Inflation unter anderem absurde Steuersätze, die in der Einkommensteuer bei hohen Einkommen in den Fünfzigerjahren bis zu 94 Prozent reichten. Dieser Weg ist derzeit wohl eher verbaut. Schon gar bei einem republikanischen Präsidenten.

Natürlich hat Trump recht, wenn er sagt, dass die USA gar nicht pleitegehen können, weil sie ja theoretisch unbegrenzt Dollars drucken können. Pleite werden dann höchstens ihre Staatsbürger gehen – bei der darauffolgenden Hyperinflation.

Beunruhigend ist jedenfalls, dass die Trump-Thesen von seriösen Ökonomen nicht mit An-die-Stirn-Tippen beantwortet, sondern ernsthaft diskutiert werden. Werden wir da auf irgendetwas vorbereitet? Auf Staatssanierungen per Hyperinflation und/oder einmaliger Vermögensabgabe? Anläufe, diese Diskussion zu starten, hat es in den vergangenen Jahren ja mehrere gegeben.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2016)

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