Planwirtschaft hilft nicht gegen die Milchkrise

Milchleistung senken ist eine gute Idee – wird so aber nicht funktionieren.

Gegen den besonders in Deutschland dramatischen Milchpreisverfall haben Agrarfunktionäre nun (neben der üblichen Forderung nach Steuergeldmillionen) ein Rezept entwickelt: Man müsse die Milchproduktion senken, indem man den Kühen weniger Kraftfutter verfüttert.

Das ist grundsätzlich eine gute Idee, denn gesünder ernährte Kühe geben zwar weniger, aber bessere Milch. Die Überproduktion verschwindet gleichzeitig und der Preis steigt wieder.

Auf betriebswirtschaftlicher Ebene, also beim Bauern selbst, ergibt das aber keinen Sinn. Ob der für 20 Liter pro Kuh und Tag je 30 Cent oder für 15 Liter je 40 Cent bekommt, macht beim Umsatz keinen Unterschied. Lediglich der Fixkostenanteil pro erzeugter Einheit steigt. Diese betriebswirtschaftsferne „Lösung“ ist also der Garant für eine Fortsetzung der Misere.

Natürlich ist Betriebswirtschaft unter Agrariern kein Fremdwort. Weshalb man dort auch weiß, dass nicht die Überproduktion, sondern die dahinterstehende Überkapazität das eigentliche Problem ist. Das heißt, es gibt zu viele Kühe beziehungsweise zu viele Milchbauern. Diese unangenehme Wahrheit traut sich aber keiner auszusprechen, denn da müsste es ja in die Strukturen gehen.

Das tut es hinter den Kulissen zwar ohnehin längst, denn trotz Milliardenförderungen ist die Zahl der Agrarbetriebe in Österreich seit vielen Jahren stark rückläufig. Deshalb geht aber noch lang keine „Kulturfläche“ verloren, denn Nicht-Landwirte dürfen diese Flächen in der Regel ja nicht kaufen. Der Prozess führt also zu größeren Einheiten und damit besseren Betriebsstrukturen.

Wieso man EU-weit versucht, diesen vernünftigen und nicht verhinderbaren Prozess mit jährlich 55 Mrd. Euro Steuergeld abzubremsen (aufhalten kann man ihn ja ohnehin nicht), gehört zu den großen wirtschaftlichen Mysterien dieser Union.

Zurück zur Milchlösung: Eine Überproduktion durch verordnete „freiwillige“ Unterauslastung vorhandener Kapazitäten wegbringen zu wollen, ist ein brachial planwirtschaftlicher Ansatz. Und wird so funktionieren, wie Planwirtschaft in der Regel eben funktioniert.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2016)

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