Nächtigungstaxe für die eigene Wohnung

Der Gemeindefeldzug gegen Zweitwohnungen ist reichlich heuchlerisch.

Die finanzknappen Gemeinden haben auf ihrer Suche nach noch ein paar herauspressbaren Euro wieder einmal die Zweitwohnungen entdeckt: In Ober- und Niederösterreich wird über Abgaben diskutiert, in Salzburg denken SPÖ und Grüne sogar über enteignungsähnliche Schritte nach. Also nichts wirklich Überraschendes.

Bemerkenswert ist aber die Unehrlichkeit, mit der die Diskussion wieder einmal aufgezogen wird. In der Realität ist die Sache längst geklärt: Länder können den Gemeinden die Einhebung von Zweitwohnsitzsteuern genehmigen. Die meisten machen das auch schon, und die Gemeinden greifen dort natürlich begierig zu.

Manchmal, das aber nur nebenbei, ein bisschen zu begierig: Im Pleiteland Kärnten zahlen Zweitwohnungsbesitzer nicht nur eine Zweitwohnsitzsteuer (die sachlich begründbar ist, weil Zweitwohnsitzer Infrastruktur nutzen, ohne dass die Gemeinde dafür Zuweisungen aus dem Finanzausgleich bekommt), sondern auch noch Nächtigungs- und Kurtaxe. Das Gejammere, dass Zweitwohnungen ein Verlustgeschäft seien, hat also wohl keine Basis.


Problematisch ist die Lage ohnehin nur in touristischen Hotspots (etwa am Wörthersee oder in den Tiroler Bergen). Und dort ist das Gejammere der Bürgermeister, dass Appartements überhandnehmen, halt schon ein bisschen schizophren: Jede einzelne legale Ferienwohnung ist dort von der Baubehörde erster Instanz, also der Gemeinde, genehmigt. Zuerst dem befreundeten Bauern bei der Umwidmung ein nettes Körberlgeld verschaffen, dann dem befreundeten Bauunternehmer die lukrative Baugenehmigung nachwerfen und zuletzt über zu viele Zweitwohnungen jammern – das ist ein bisschen viel bürgermeisterliche Heuchelei.

Aber die illegalen Zweitwohnsitze! Richtig, die sind ein Problem. Nur: Illegale Wohnsitze mit Steuern einfangen zu wollen ist ungefähr so aussichtsreich, wie den Drogenhandel mit Umsatzsteuer- und Registrierkassenpflicht zu bekämpfen. Da ist wohl Nick Knatterton zuständig und nicht die Gemeindekasse. Bei allem Verständnis für die Finanznöte der Gemeinden: Hier schießt man übers Ziel hinaus.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2016)

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