Was uns Erwin der Stifter lehrt

Erwin Pröll.
Erwin Pröll.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Im niederösterreichischen Wörterbuch fehlt das Wort Genierer.

Der Landesfürst möchte als großer Stifter in die Geschichte eingehen und gründet deshalb eine Privatstiftung, in die er private Spendengelder einbringt. Sein Landesregierung genanntes Abnickergremium will da nicht zurückstehen und beschließt, jährlich 150.000Euro beizusteuern. Nicht aus der Privatschatulle, klarerweise, sondern aus dem Staatstopf, den nicht nur die Untertanen des Fürstentums, sondern die des ganzen Reiches füttern. So macht gemeinnütziges Wohltuen Spaß!

Schöne Geschichte, nicht? Spielt aber leider nicht im Orient des 17. Jahrhunderts, sondern im Niederösterreich des Jahres 2017.

Natürlich ist rechtlich alles wasserdicht: Die Dr. Erwin Pröll Privatstiftung, um die es geht, ist im Stiftungsregister eingetragen. Die Landeszuwendungen für diese Privatstiftung (bisher 1,35 Mio. Euro) basieren auf gültigen Landesregierungsbeschlüssen. Also bitte weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen!

Für Nasen, die St. Pöltner Luft nicht gewöhnt sind, riecht dieser vom „Falter“ gestern thematisierte Sachverhalt halt ein bisschen streng. Sieht so aus, als würde das Wort Genierer in der niederösterreichischen Ausgabe des „Österreichischen Wörterbuchs“ aus irgendeinem Grund fehlen.

Uns aber lehrt die Geschichte von Erwin dem Stifter Folgendes:
•Der Finanzausgleich ist zu üppig dotiert. Wenn Ländern Geld übrig bleibt, um Privatstiftungen der Landeschefs zu dotieren, dann gibt es Einsparungspotenzial.
•Die Landtage erfüllen, wie man schon beim Bankskandal in Kärnten und beim Spekulationsskandal in Salzburg gesehen hat, ihre Kontrollaufgabe nicht und fragen auch nicht nach. Solche Schlafmützenversammlungen braucht kein Mensch.
•Das passive Wahlrecht ist dringend reformbedürftig. Die Begrenzung auf zwei Legislaturperioden für Toppositionen, wie das in westlichen Demokratien Usus ist, würde die Entstehung von Despotismus eingrenzen.
•Die Föderalismusreform muss mehr Transparenz und Kontrolle bei der Verwendung von Finanzausgleichsmitteln beinhalten.

Ist also doch sehr lehrreich, die seltsame Sache.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2017)

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