Urschitz meint

Die Rückkehr des Ungeheuers von Loch Ness

Die unausgegorene Finanztransaktionssteuer geistert wieder herum.

Es hat eine Zeit gegeben, da ist Anfang Juli, zu Beginn des medialen Sommerlochs, immer ein schreckliches Ungeheuer aus dem schottischen Loch Ness aufgetaucht. Das sagenhafte Ungeheuer wurde nun schon länger nicht mehr gesichtet, dafür geistert neuerdings zur selben Zeit regelmäßig ein anderes Gespenst ebenso schemenhaft durch die Lande: Die Finanztransaktionssteuer.

Eigentlich ein etwas großspuriger Name, denn besteuert werden sollen ja nicht Finanztransaktionen generell, sondern nur der Handel mit Derivaten und Aktien. Wie auch immer: Gestern haben wieder einmal 52 Organisationen und Experten (einschließlich der üblichen Verdächtigen wie Attac und Oxfam) die EU-Finanzminister aufgefordert, endlich EU-weit eine solche Steuer zu beschließen.

Das war wohl ein Wunsch ans Christkind, denn von den 28 EU-Ländern sind nur 10 (an der Spitze Österreich) ernsthaft für die Steuer. Und die tun sich ein bisschen schwer, denn eigentlich wollten sie die Steuer schon 2016 eingeführt sehen. Bald werden es vielleicht nur mehr neun sein. Denn Frankreich hebt solch eine Steuer auf Aktien seit ein paar Jahren ein. Und hat damit so gut wie alle definierten Ziele verfehlt.


Das ist kein Wunder, denn hier wird versucht, die einzige voll globalisierte Branche mit nationalen Steuern einzufangen. Ein sinnloses Unterfangen. Natürlich ist es richtig, dass man mit dieser Steuer den gefährlichen Hochfrequenzhandel und das nicht minder riskante Kurswetten-Geschäft einbremsen könnte. Aber eben nur, wenn die Steuer global greift.

Denn niemand ist gezwungen, Derivate in Stuttgart zu handeln oder Hochfrequenzhandel in Paris oder Frankfurt zu betreiben. Dafür stehen ausreichend andere Finanzzentren zur Verfügung. Was am Ende dann übrig bliebe, wäre eine (in Österreich vor Jahren zu Recht abgeschaffte) Börsenumsatzsteuer für Kleinanleger. Damit werden die feuchten Expertenträume von 22 Mrd. Euro Steuererlös wohl nicht wahr werden. Man könnte meinen, die EU-Finanzminister hätten Wichtigeres zu tun, als mit solch unausgegorenen Plänen Zeit zu vergeuden.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2017)

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