Vollpension: Ganz ohne stehlen wird es nicht gehen

Grundeinkommen fuer alle - basic income for everyone
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Die guten und gerechten Weltverbesserer laden zur "Österreichweiten Woche des Grundeinkommens". Ihr Ziel: "Geld für alle".

Nun hat sie also begonnen, die „Österreichweite Woche des Grundeinkommens“. Das Ziel der Organisatoren dieser Veranstaltungsreihe kann man grob mit „Geld für alle“ umschreiben. Aber der Reihe nach. An sich ist es ja eine charmante Idee: Das „bedingungsloses Grundeinkommen“ soll allen Menschen ein lebenswertes Leben ermöglichen, in Würde und Freiheit – das sind jedenfalls allesamt Worte, die von Proponenten der Idee gern genutzt werden.

Wer dagegen ist, nennt es gern „arbeitsloses Grundeinkommen“. Aber an dieser Stelle soll eine neue Bezeichnung vorgeschlagen werden, die die Senkung des Pensionsantrittsalters auf null Jahre wohl am besten umschreibt: „Vollpension“. Anders als die Befürworter der Finanztransaktionssteuer haben die Fans der Vollpension noch kein Gehör in den Korridoren der Macht gefunden. Das dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass Politikern sämtlicher Couleur beim Wort „Steuern“ ganz wohl ums Herz wird. Die paar Milliarden Euro (grobe Schätzung der Redaktion, Anm.) für das „bedingungslose Grundeinkommen“ setzen die Politiker dann aber doch lieber zur gezielten „Wählerumsorgung“ entsprechend der Forderungen von Interessengruppen ein, statt es per Gießkanne auszuschütten. (Der konkrete Grundeinkommensvorschlag lautet: 1000 Euro für Erwachsene und 800 für Kinder – 14-mal im Jahr versteht sich.)

Die Niederlage der Vollpensionisten gegen die Finanztransaktionsbesteuerer nehmen Erstere Zweiteren auch nicht sonderlich krumm. Niemand kann sich lange selbst böse sein, und professionelle Weltverbesserer quälen ohnehin selten Selbstzweifel.

Das Grundeinkommen sei jedenfalls ein „globales, soziales Recht“, hieß es am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Wien. Und wem das nicht reicht, der konnte sich beim 14. Grundeinkommenkongress in den vergangenen Tagen in München davon überzeugen lassen, dass das Grundeinkommen nebenbei auch die Probleme „Gender“ und „Klima“ lösen helfen könnte. Zwei Bereiche, die für gut gemeinte und groß angelegte Umerziehungsprogramme dringend immer mehr Staatsmilliarden benötigen.

Und damit sind wir bei der Frage der Fragen. Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Nun, ganz ohne Stehlen wird es nicht gehen. Die derzeit populärsten Finanzierungsmodelle lauten: Einkommensteuer, Mehrwertsteuer und Finanztransaktionssteuer(!). Dann gibt es da noch die Idee einer „globalen Ressourcenrente“. Derzufolge sollen CO2-Emissionsrechte versteigert und das Geld dann „pro Kopf rückerstattet“ werden. Und zwar weltweit – also auch an die Ärmsten der Armen. So soll neben Klimawandel auch der Welthunger gestoppt werden. In der Theorie. In der Praxis steckt der Aufbau des dafür notwendigen globalen Regimes plus Bürokratie und weltweiter Einkommensdatei noch in den Kinderschuhen – weshalb zu befürchten ist, dass die Vollpensionisten bald Kontakt zu Experten für den kreativen Einsatz der Zentralbank-Notenpresse aufnehmen. Für ein unverbindliches Selbstgespräch.

E-Mails an: nikolaus.jilch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2012)

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