Karikaturenstreit made in Oberösterreich

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Eine Broschüre der Arbeiterkammer warnt Jugendliche vor privater Altersvorsorge. Das Werk ist deftiger, als das Thema vermuten lässt.

Die Arbeiterkammer Oberösterreich erfüllt in diesem Land die Rolle der Rächerin aller Sparer, Anleger und Konsumenten. Pflichtbewusst nimmt sie dabei „Abzocker“ aufs Korn, seien es Banken, Versicherungen oder Supermärkte. Nachdem sie zuletzt heftige Preisunterschiede bei Sonnencremes offengelegt und die niedrigen Sparzinsen angeprangert hatte, entschied die Kammer, dass es nun Zeit war für das Thema private Altersvorsorge.

Kein einfacher Stoff, vor allem, wenn es gilt, Jugendliche damit zu erreichen. Da aber genau das das Ziel war, entschied man sich, eine Karikaturensammlung herauszugeben. Beauftragt wurden der bekannte Zeichner Gerhard Haderer und seine „Schule des Ungehorsams“. Deren Eleven haben sich zwar „davor nur wenig mit Pensionen und Altersvorsorge beschäftigt“, wie Haderer im Vorwort des fertigen Hefts erklärt. Trotzdem waren sie offenbar in der Lage, sich auf die Schnelle eine recht eindeutige Meinung zum Thema zu bilden. Zufälligerweise deckte sich diese genau mit jener des Auftraggebers.

Ganz im Sinn der AK sorgt das Heft mit dem Namen „Pensionspanorama“ für lebhafte Diskussionen. Mit deftigen Pointen wird darin nämlich nicht gegeizt. Den Auftakt macht eine Karikatur, die einen Versicherungsvertreter dabei zeigt, wie er ein junges Mädchen in Kinderschändermanier in sein Auto zu locken versucht. Er müsse ihr etwas Wichtiges für ihre Zukunft zeigen. Einige Seiten weiter zeigt eine Schwarz-Weiß-Zeichnung, wie ein Mann mit Schlips und Versicherungspolizze in der Hand unter dem Bett eines Kindes hervorkriecht. Der Untertitel lautet „Monster von heute“ (>>> Die Karikaturen auf Facebook).

Kein Wunder, dass sich die Versicherungswirtschaft missverstanden fühlt. „Makler sind in erster Linie ihren Kunden verpflichtet und Konsumentenschützer an vorderster Front“, wehren sich die Wiener Versicherungsmakler. Deren Fachgruppenobmann, Helmut Mojescick, ortet einen unangebrachten Klassenkampf. „Dass manipulative Karikaturen von Monstern, Rattenfängern oder Zigarettenpackungen die richtige Methode sind, Jugendliche für das Thema Vorsorge zu sensibilisieren, bezweifle ich.“

Auch auf Facebook entwickelte sich eine aufgeregte Debatte. Ein User brachte das nicht ganz von der Hand zu weisende Argument, die herbe Kritik der AK treffe vor allem die Angestellten der Branche und damit ihre eigenen Mitglieder. Dies leuchtete auch der Kammer ein, die kurz darauf einige Betriebsräte von Versicherungsunternehmen zum Krisengipfel lud. „Das Gespräch war durchaus kontroversiell“, resümiert ein Teilnehmer. AK-Oberösterreich-Präsident Johann Kalliauer sah sich zu der Klarstellung veranlasst, man habe niemanden beleidigen, sondern ausschließlich „das System“ kritisieren wollen. Als sei bei der Verteidigung des angeblich Besseren, nämlich des feinen staatlichen Pensionssystems, jedes Mittel recht.

E-Mails an: alexander.weber@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2012)

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