Künstlerprotest gegen Gazprom-Ausstellung in Albertina

Künstler Leonid Tishkov fordert die Entfernung seiner Arbeiten aus der nächste Woche eröffnenden Albertina-Schau "Dreaming Russia" .

Nicht ohne meinen Mond und nicht ohne meine Prinzipien: Der russische Künstler Leonid Tishkov wurde in den vergangenen Jahren dadurch berühmt, dass er mit einer leuchtenden Mondsichel die Welt bereiste. Ein poetisches Statement des in den späten 1970er-Jahren als Cartoonist in der Sowjetunion zensierten Künstlers. Das durchaus auch ins Politische umschlagen kann. Wie jetzt in Wien, wo eines von Tishkovs Fotos seiner „Private Moon“-Serie die Einladungskarte der nächsten Sonderausstellung in der Albertina ziert. Es ist die zeitgleich zur russisch dominierten Kunstmesse „Viennafair“ eröffnende Sammlungsübersicht der Gazprom-Bank: „Dreaming Russia“. Doch derlei künstlerischen Ungehorsam hätte sich wohl weder die Bank noch die Albertina träumen lassen.

„Auf diesem Foto bin ich zu sehen“, schreibt Tishkov jetzt in einem offenen Brief an Albertina-Direktor Schröder, „auf dem verschneiten Moskauer Dach meines Studios, zusammen mit meinem Objekt ,Private Moon‘. Ich bin dort allein, aber in allen umliegenden Häusern wohnen Menschen. Und ihnen, genauso wie mir, ist das Schicksal der Erde nicht gleichgültig. Deshalb schließe ich mich den Stimmen aus der ganzen Welt an und bitte darum, die juristische Verfolgung der Greenpeace-Aktivisten zu beenden, die sich für den Schutz der Arktis einsetzen.“

Als Zeichen seines „Protests gegen die Ölförderung in der Arktis, die von Gazprom durchgeführt wird“, bitte er Schröder nun, die Fotos aus der Ausstellung zu entfernen, sie wären ohne sein Wissen an die Bank verkauft worden. Eine Bitte, die vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse in der Barentssee zu interpretieren ist: Die Ölbohrplattform, bei der vor Kurzem ein Greenpeace-Protest von Russland verhindert wurde, gehört der Gazprom, dem Mutterkonzern der ausstellenden Gazprom-Bank. Mittlerweile sitzt die gesamte, aus 18 Nationen stammende Besatzung des Schiffs in russischer Untersuchungshaft. Gegen die 30 Leute wird wegen Piraterie ermittelt, obwohl man „nur“, so Greenpeace, ein Transparent aufhängen wollte.

Nur. Tishkov ist auch nur mit seinem Mond auf Reisen gegangen. Jetzt ist dieser, einsam auf den bereits verschickten Einladungen prangend, Symbol des Widerstands. Denn in der Ausstellung, bestätigt die Albertina, wird man ihn nicht wiederfinden.

E-Mails an:almuth.spiegler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2013)

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