Wie man am Grexit eine Menge Geld verdient

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Eine Papieraktie hob nach dem Gerücht, Griechenland hätte Banknotenpapier bestellt, raketenhaft ab.

Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone, der viel diskutierte Grexit, wird, so er denn geschieht, sehr viele Leute sehr viel Geld kosten. Einigen hat er aber schon ganz ordentlich Kohle gebracht. Und zwar mit dem ebenso altbekannten wie illegalen Front Running: Man deckt sich mit Aktien eines (möglichst wenig gehandelten und daher manipulationsanfälligen) börsenotierten Unternehmens ein, setzt dann ein kurstreibendes Gerücht in die Welt – und verkauft schnell, wenn sich die Herde der Gierschlünde auf die vermeintliche Jahrhundertchance stürzt.

Das ist ganz offenbar beim relativ kleinen kanadischen Papierhersteller Fortress Paper passiert, der mit sehr mäßigen Tagesumsätzen an der Börse Toronto notiert. In den vergangenen Tagen begann der Kurs der seit Längerem mit Verlust arbeitenden Papiermühle plötzlich ohne vorerst erkennbaren Grund hochzuschießen. Binnen weniger Tage standen knapp 90 Prozent Kursgewinn zu Buche. Die zeitgleich veröffentlichte Quartalsbilanz, die den erwarteten Verlust ausweist, kann wohl nicht der Auslöser für den Kursrausch gewesen sein.

So nachrichtenlos, wie es aussah, ging der Kurssprung freilich nicht vonstatten: Ein paar einflussreiche Finanzblogs hatten in der Vorwoche von Gerüchten berichtet, wonach Griechenland den Grexit bereits aktiv vorbereitet und bei Fortress – einem der wenigen Hersteller von Banknotenpapier – große Mengen an Papier für den Geuro (den griechischen Euro) bestellt habe. Eine Insiderinformation von hohem Kurswert.

Wenn sie denn stimmt. Denn ein Blick ins Archiv beschert schnell ein Déjà-vu-Erlebnis: Schon 2011/12, auf dem Höhepunkt der Eurokrise, war das exakt gleiche Gerücht über dieselbe Papierfabrik verbreitet worden. Damals schoss der Kurs übrigens auf 62 kanadische Dollar hoch, um dann (vor dem jetzigen Sprung) wieder auf rund zwei zurückzufallen. Da haben einige, die zu spät auf- und abgesprungen sind, so ziemlich ihren ganzen Einsatz verloren. Und einige ein paar tausend Prozent Gewinn eingesackt.

Faszinierend, dass derselbe Trick nur drei Jahre später schon wieder wirkt. Wenn auch bei Weitem nicht so krass wie beim ersten Mal.

Der Grexit dürfte übrigens doch nicht unmittelbar bevorstehen. Das glauben jetzt zumindest jene Fortress-Aktionäre, die das Papier am Dienstag so massiv abstießen, dass es an einem Tag fast 16 Prozent verlor. War vielleicht doch keine so gute Anlageidee, Börsengerüchten nachzuhecheln.

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2015)

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